Herr Beck: Der Manic Monday in Japan machte Anlegern im August Angst vor einem Börsencrash. Ist diese Angst gerechtfertigt?
Für kurzfristig orientierte Anleger ja. Denn ein solcher Rutsch hat ein enormes Veränderungspotenzial. Er hätte eine Verkaufswelle auslösen können mit 20, 30 oder 40 % Minus binnen kürzester Zeit. Wenn ich dann schnell Geld brauche, etwa für eine Immobilienfinanzierung, stehe ich vor einem großen Loch. Schwankungen sind an den Aktienmärkten völlig normal: Langfristig orientierte Anleger müssen sich keine Sorgen machen und sollten in Krisenmomenten keinesfalls verkaufen. Gerade nach Krisen gibt es deshalb sehr oft eine schnelle Erholung. Das haben wir ja in den zurückliegenden Wochen gesehen. Zuletzt notierten die Indizes wieder nahe an ihren Höchstständen.
Heißt das, in der Krise soll ich nachkaufen?
Das kommt darauf an. Bei Einzelwerten würde ich Anlegern von unkritischem Nachkaufen abraten. Denn bei dem betroffenen Unternehmen kann es ja durchaus gute Gründe für eine Korrektur geben – schwache Geschäftszahlen, verstärkte Konkurrenz oder einfach eine Überbewertung. Also müsste man hier genau analysieren, warum die Kurse gesunken sind. Anders sieht das bei Investitionen in Indizes aus. Hier gilt: Time schlägt Timing. Langfristanleger können Krisen aussitzen oder sogar nachkaufen, wenn sie über freies Kapital verfügen. Denn je länger sie ununterbrochen im Markt engagiert sind, umso besser. Die großen internationalen Aktienindizes haben in den vergangenen Jahrzehnten 7 bis 9 % jährliche Rendite eingefahren. Schon bei 7 % Rendite verdoppelt man binnen zehn Jahren seine Investition.
Ist es dennoch sinnvoll, eine Sicherheitskomponente in die Anlage einzubringen?
Eine Sicherheitsreserve in Tagesgeld oder Rentenpapieren bester Qualität ist immer sinnvoll. Ihr Anteil am Gesamtportfolio hängt davon ab, wie viele Schwankungen ich als Anleger aushalten kann und will. Wer mit zwischenzeitlichen Verlusten keinen ruhigen Schlaf findet, sollte die Reserve größer wählen, um volatile Aktienmärkte weitgehend ausgleichen zu können. Neben einem möglichst breiten Investment über Indizes halte ich es auch für wichtig, regionale Risiken und Währungsrisiken zu berücksichtigen. Aktuell ist etwa der MSCI zu mehr als zwei Dritteln von US-Werten dominiert, allen voran den Magnificent Seven. Dieses Klumpenrisiko können vorsichtigere Anleger reduzieren, wenn sie verstärkt europäische und asiatische Index-ETFs beimischen und auch die zuletzt stark zurückgebliebenen Nebenwerte stärker berücksichtigen.
Bei diesem Interview handelt es sich um einen redaktionellen Beitrag, der nicht die Meinung der comdirect – einer Marke der Commerzbank AG – wiedergibt. Die Auswahl der Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente stellt kein Angebot, keine Aufforderung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar. Aktien unterliegen Kursschwankungen; damit sind Kursverluste möglich. Bei Wertpapieren, die nicht in Euro notieren, sind zudem Währungsverluste möglich. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Stand: 11.09.2024; Quelle: comdirect.de