- Neue Dividendenrekorde bei einigen DAX-Titeln.
- Automobilbauer kürzen ihre Ausschüttungen deutlich.
- Versorger knüpfen an alte Zeiten an.


Herr Hürkamp, der DAX steigt und steigt. Dennoch wächst in diesem Frühjahr die Dividendenausschüttung der 40 Unternehmen nur minimal. Woran liegt das?
Laut aktuellen Analystenschätzungen dürfte die DAX-Dividendensumme für das Geschäftsjahr 2024 tatsächlich nur leicht um 1 % von 52,3 Milliarden Euro auf 52,8 Milliarden Euro steigen. Ein deutlicher Rückgang der Dividenden im Autosektor um 24 % trübt den DAX-Dividendenjahrgang 2024. Für die 34 DAX-Aktien außerhalb des Autosektors dürfte die Dividendensumme nämlich um 12 % von 37 Milliarden Euro auf 41 Milliarden Euro steigen.
Sind die Automobilhersteller die einzigen DAX-Unternehmen, die in diesem Frühjahr enttäuschen?
Neben dem Automobilsektor läuft es auch im deutschen Chemiesektor derzeit nicht rund. So hat BASF nur eine Dividende von 2,25 Euro je Aktie angekündigt, während die Unternehmensanalysten lange eine unveränderte Dividende von 3,40 Euro prognostiziert hatten.
Welche Unternehmen sind für Sie aktuell die positiven Dividendenüberraschungen und warum?
Es sind wieder mal die Versicherungen, die positiv überraschen. So hat die Munich Re ihre Dividende je Aktie überraschend stark von 15 Euro auf 20 Euro erhöht, während die Markterwartungen nur bei 16,50 Euro lagen. Auch die Ankündigung von Airbus, neben einer regulären Dividende von 2,00 Euro je Aktie noch eine Sonderdividende von 1,00 Euro je Aktie zu zahlen, hatte kaum ein Analyst auf der Rechnung. Adidas konnte ebenfalls die Vorabschätzungen übertreffen. Und Fresenius hat nach dem Dividendenausfall für das Geschäftsjahr 2023 nun wieder eine Dividende von 1,00 EUR je Aktie angekündigt – deutlich mehr, als vom Markt erwartet.
Die durchschnittliche Dividendenrendite ist unter 3 % gefallen. Sollten sich Anleger daran stören oder eher über die meist dahinterstehenden Kurssteigerungen freuen?
Die DAX-Unternehmen bringen derzeit eine Marktkapitalisierung von rund zwei Billionen Euro auf die Waage. Die erwartete Dividendensumme von 52,8 Milliarden Euro entspricht damit einer Dividendenrendite von 2,7 %. Das ist weniger als in den vergangenen Jahren. Die mittlerweile recht niedrige Dividendenrendite ist für uns ein Signal, dass die Bewertung des DAX-Index nach dem guten Jahresstart mittlerweile im historischen Vergleich doch recht hoch ist. Auch das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt mit rund 15 über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Daher gehen wir davon aus, dass sich der DAX-Aufwärtstrend zwar noch fortsetzen kann. Jedoch dürfte das Tempo der Kursgewinne spätestens nach dem Auslaufen der Dividendensaison im Mai deutlich abnehmen.
Welche Dividendenparameter sind für Sie neben der Dividendenrendite besonders wichtig? Dividendenkonstanz? Dividendenwachstum? Ausschüttungsquote?
Für Dividendenjäger sollte das entscheidende Kriterium sein, ob ein Unternehmen in der Lage ist, dank einer steigenden Gewinnentwicklung die Dividende stabil zu halten oder zu erhöhen. Aktuell wird für 22 DAX-Unternehmen eine solche Dividendenerhöhung erwartet. Im zweiten Schritt würden wir dann nach Aktien Ausschau halten, welche dieser Unternehmen eine Dividendenrendite von mehr als 3 % bieten.
Gibt es DAX-Aktien, die diese Anforderungen erfüllt haben?
Aktuell können zehn DAX-Aktien mit einer steigenden Dividende und einer Dividendenrendite von mehr als 3 % aufwarten. Die meisten von ihnen erfüllen diese Bedingungen schon seit einigen Jahren. So bleiben die DAX-Versicherer ein Basisinvestment für Dividendenjäger. Auch die DAX-Energieversorger bieten sich nach einer langjährigen Durststrecke mit fallenden Dividenden mittlerweile wieder als Dividendenanlage an. Dagegen wiederholt der DAX-Autosektor den Negativtrend, den die DAX-Energieversorger fünf Jahre lang durchmachen mussten: Auf den ersten Blick scheinen die Dividendenrenditen zwar attraktiv, doch es drohen aufgrund fallender Unternehmensgewinne mittelfristig weitere Dividendenkürzungen und Kursverluste. Vor 15 Jahren hat die deutsche Energiewende mit dem Auslaufen des Atomstroms die Geschäftsmodelle der Energieversorger hart getroffen. Und nun sind die Gewinn- und Dividendenaussichten der deutschen Autobauer sehr unsicher aufgrund der Umstellung ihrer Geschäftsmodelle im Zeitalter der Elektroautos.
Technologieaktien sind im bisherigen Jahresverlauf im Vergleich zu klassischen Dividendenwerten etwas zurückgeblieben. Könnte das wegen der noch deutlichen Bewertungsunterschiede ein längerfristiger Trend werden?
Technologieaktien sind nach den zwei sehr guten Jahren 2023 und 2024 mittlerweile im historischen Verlauf hoch bewertet, so dass für 2025 eine Verschnaufpause anstehen dürfte. Damit könnte Rückenwind aufkommen für Dividendenaktien, die sich ja oft im Value- und nicht im Growth-Segment des Aktienmarktes wiederfinden.
Sollten DAX und Euro STOXX also in diesem Jahr besser abschneiden als Technologieindizes wie der NASDAQ 100 mit Highflyern wie Nvidia?
In diesem Umfeld könnte es in der Tat so sein, dass DAX und Euro STOXX 50 für mehrere Quartale besser laufen als der NASDAQ 100. Doch auf lange Sicht hat der NASDAQ 100 mit seinen Zukunftsbranchen und der KI-Fantasie wohl weiter ein stärkeres Potenzial für steigende Unternehmensgewinne. Deshalb sollten in einem Aktienportfolio neben Dividendenaktien auch NASDAQ-Positionen enthalten sein.
Die Renditen vieler Unternehmensanleihen liegen wieder über den Dividenden der Unternehmen. Sind damit Corporate Bonds wieder eine echte Alternative zu Aktien?
Ja, Unternehmensanleihen halten wir mittlerweile auch wieder für eine gute Portfolio-Beimischung. So bietet BASF mit einer sechsjährigen Unternehmensanleihe aktuell eine jährliche Rendite von 3,4 %. Und die bis 2033 laufende E.ON-Anleihe notiert derzeit mit einer jährlichen Rendite von 3,3 %. Die Renditen für diese beiden DAX-Unternehmen liegen zwar unter den jeweiligen Dividendenrenditen. Doch es besteht ja durchaus die Gefahr, dass die Dividenden in den sechs oder acht Jahren zwischenzeitlich wieder sinken, während die jährlichen Zinszahlungen auf die Unternehmensanleihen relativ sicher sein sollten.
Bei diesem Interview handelt es sich um einen redaktionellen Beitrag, der nicht die Meinung der comdirect – einer Marke der Commerzbank AG – wiedergibt. Die Auswahl der Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente stellt kein Angebot, keine Aufforderung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar. Aktien unterliegen Kursschwankungen; damit sind Kursverluste möglich. Bei Wertpapieren, die nicht in Euro notieren, sind zudem Währungsverluste möglich. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Stand: 12.03.2025; Quelle: comdirect.de