- „Trump schwächt das amerikanische Wachstum – Europa löst sich langsam aus der Krise.“
- „Die sinkenden Leitzinsen und das deutsche Fiskalpaket geben zusätzlichen Schwung.“
- „Aufholpotenzial in europäischen Traditionssektoren wie Industrie, Gesundheit und Luxus.“


Seit Anfang des Jahres haben die europäischen Aktienmärkte die amerikanischen weit übertroffen. Wird der Trend anhalten?
Deutschland und Europa holen auf. Das liegt an der neuen relativen Stärke Europas im Vergleich zu den USA. Deshalb kommen Investorinnen und Investoren, die in den vergangenen Jahren Milliardensummen aus Europa abgezogen haben, wieder zurück. Dieser Trend sollte noch einige Zeit anhalten. Donald Trump schwächt das amerikanische Wachstum – Europa dagegen löst sich langsam aus der Krise. Dazu tragen verschiedene Faktoren bei. Zum einen springt nach 2 Jahren Flaute das Wachstum langsam wieder an. Zum anderen liegen die durchschnittlichen Unternehmensbewertungen weiterhin deutlich unter dem US-Markt. Und schließlich geben die sinkenden Leitzinsen und das deutsche Fiskalpaket mittelfristig zusätzlichen Schwung.
In welchen Bereichen finden Sie attraktiv bewertete Qualitätsaktien?
Die Erholung an den europäischen Börsen ging bisher vor allem von Finanzwerten aus, die von den höheren Zinsspannen profitierten. Wir sehen jetzt Aufholpotenzial in europäischen Traditionssektoren wie Industriegüter, Gesundheit und Konsum. Bei Industriegütern profitieren die Unternehmen vom zunehmenden Lagerabbau und anziehenden Wirtschaftswachstum. Das wirkt sich zum Beispiel bei Siemens positiv aus. Der Gesundheitssektor leidet derzeit unter Zoll- und Preisdiskussionen. Unternehmen wie Novo Nordisk oder AstraZeneca sind inzwischen so günstig wie lange nicht. Die Luxuswerte litten zwar stark unter der nachlassenden Nachfrage aus China. Aber Cartier zum Beispiel als wichtigste Marke von Richemont konnte im ersten Quartal den Umsatz 2-stellig steigern. Europäische Konsumentinnen und Konsumenten sind robust, was auch Firmen wie Ryanair zugutekommen sollte. Einzelne europäische Technologiewerte wie SAP wachsen äußerst stabil, Halbleiterausrüster wie ASM International haben Aufholpotenzial.
In den vergangenen Jahren sind Small und Mid Caps gegenüber den Large Caps ins Hintertreffen geraten. Gibt die Wiederentdeckung Europas auch den Nebenwerten Schwung?
Davon gehe ich aus. Von der Jahrtausendwende bis 2020 haben deutsche und europäische Nebenwerte selbst den amerikanischen Markt übertroffen. Seitdem sind sie trotz weiterhin ansehnlichen Gewinnwachstums an den Börsen enorm ins Hintertreffen geraten. Die durchschnittliche Bewertung liegt mit einem KGV von rund 12,5 um mehr als 20 % unter dem historischen Durchschnitt. Viele Unternehmen aber sind und bleiben in ihren Marktnischen Weltmarktführer. Das werden auch die Börsen wieder stärker erkennen. Ein Anfang ist bereits gemacht.
Bei diesem Interview handelt es sich um einen redaktionellen Beitrag, der nicht die Meinung der comdirect – einer Marke der Commerzbank AG – wiedergibt. Die Auswahl der Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente stellt kein Angebot, keine Aufforderung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar. Aktien unterliegen Kursschwankungen; damit sind Kursverluste möglich. Bei Wertpapieren, die nicht in Euro notieren, sind zudem Währungsverluste möglich. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Stand: 16.06.2025; Quelle: comdirect.de