Mit der jüngsten Rally hat das Schwergewicht eine Schlüsselzone erreicht.
Franz-Georg Wenner
Franz‐Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins „Index‐Radar“ und gehört zum Team bei Feingold Research. Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast bei n‐tv und dem Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei „BÖRSE ONLINE“ war er sechs Jahre Online‐Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. Zusätzlich betreute er für die Commerzbank den Zertifikate‐Newsletter „ideas daily“.
Über viele Jahre pendelte die Microsoft-Aktie (WKN 870747) im Bereich um 30 Dollar seitwärts und rückte bei Anlegern aus dem Fokus. Doch wie so oft an der Börse entwickeln sich gerade dort die besten Chancen, wo kaum jemand genau hinschaut. Inzwischen zeigt der Trendpfeil bei Microsoft wieder aufwärts. Im Dezember gab es die Aktie kurzzeitig für weniger als 100 Dollar, inzwischen steht der Kurs rund 30 % höher. Unter den 30 Dow-Werten lief es seitdem nur für Apple, United Technologies und Walt Disney besser. Ende April wurde der nächste Meilenstein erreicht: Erstmals knackte der Börsenwert die Schwelle von mehr als einer Billion Dollar. Zuvor war dies nur Apple und Amazon gelungen.
Geschäfte mit der Wolke
In den vergangenen Jahren ist bei Microsoft viel passiert. Der für sein Betriebssystem „Windows“ bekannte Konzern meisterte erfolgreich den Wandel zu einem dominierenden Cloud-Anbieter hinter „AWS“ von Amazon. Kaum ein anderes Unternehmen dieser Größenordnung kann ähnliche Wachstumszahlen vorweisen. So legte der Umsatz im abgelaufenen Quartal um 14 % zu, der Überschuss erhöhte sich um knapp 19 %. Für das Geschäftsjahr 2019/20 wird ein prozentual zweistelliges Umsatzwachstum in Aussicht gestellt.
Kanalgrenze auf dem Prüfstand
In den vergangenen sechs Jahren lief die Aktie in einem lehrbuchmäßigen Aufwärtskanal. Die Grenzen der Spanne wurden mehrfach angelaufen und bestätigt, entsprechend hoch die ist Relevanz der Zonen. Seit Ende 2017 hält sich der Kurs überwiegend in der oberen Hälfte des Kanals auf – ein Zeichen der Stärke. Allerdings dürfte das Potenzial nach der 30-Prozent-Rally seit dem Jahreswechsel langsam ausgereizt sein. Der Kurs hat die obere Kanalgrenze erreicht. Ein Ausbruch darüber und somit eine Trendbeschleunigung erscheinen vor dem Hintergrund der überkaufen Lage im Slow Stochastik eher unwahrscheinlich. Auch der mit zuletzt 18 % recht weite Abstand zur 200-Tage-Linie lässt eine Atempause erwarten.
Aufgrund der guten operativen Entwicklung und hohen relativen Stärke sollten sich Schnäppchenjäger nicht zu große Hoffnungen auf einen größeren Rücksetzer machen. Solange wichtige Themen wie der Handelsstreit nicht weiter eskalieren und die Stimmung am Gesamtmarkt gut bleibt, könnte sich das Kursverhalten im Sommer 2018 als Blaupause erweisen.
Durchschnitte beachten
Vor rund zwölf Monaten lief die Aktie dicht unter der oberen Extremzone des Kanals weiter nach Norden. Rücksetzer an die 21-Tage-Linie (braun) waren für Trader gute Kaufgelegenheiten. Da der Kanal weiter steigt, erweitert sich der Spielraum in den kommenden Monaten auf 135 bis 140 Dollar. Setzt hingegen eine größere Korrektur ein, bietet die Kombination aus 200-Tage-Durchschnitt (rot) und Mittellinie des Aufwärtskanals um 110 Dollar eine gute Ausgangsbasis für Nachkäufe. Vorgelagert könnte der Kurs bereits am März-Tief bei 116 Dollar wieder drehen. Das langfristig konstruktive Bild müsste erst hinterfragt werden, wenn auch im Bereich 95/100 Dollar keine Gegenbewegung einsetzt.
Fazit: Für Anleger bietet die Microsoft-Aktie aktuell kein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis, hier sollte eine Korrektur abgewartet werden. Trader, die kurzzeitig über Hebelprodukte überdurchschnittlich profitieren wollen, können bei kleinen Rücksetzern in Richtung des intakten Aufwärtstrends zugreifen.
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