- Auch nahezu ohne Technologiewerte erzielt Warren Buffett gute Renditen.
- Berkshire Hathaway profitiert von seiner Holding-Struktur und stabilen Versicherungen.
- Apple ist für Buffett in erster Linie ein Konsumwert mit treuer Kundschaft.


Sie sind seit Jahrzehnten regelmäßiger Besucher der Hauptversammlungen von Berkshire Hathaway. Warum?
Seit dem ersten Besuch 1996 habe ich nur in Ausnahmefällen wie in der Corona-Phase die Hauptversammlung verpasst und fahre auch in diesem Jahr wieder hin. Ich tanke dort meine „Value-Batterien“ auf und treffe eine Vielzahl von Finanzexperten, die einen ähnlichen Blick auf Unternehmen, Aktien und Märkte haben.
Was fasziniert Sie an Warren Buffett und seiner Holding?
Das Besondere an Warren Buffett ist das tiefe Verständnis für die langfristigen Werttreiber von Unternehmen. „The big Money is in the waiting“ hat sein 2023 verstorbener Kompagnon Charlie Munger immer gesagt: Wer Unternehmen mit einem hervorragenden Geschäftsmodell findet, kann die Aktien über Jahrzehnte halten. Die meisten Investoren schauen auf den Gewinn des nächsten Jahres. Buffetts und Mungers Horizont ist immer weit länger gewesen. Entsprechend investiert Berkshire Hathaway in Unternehmen, die schwer angreifbar und vertrauenswürdig sind. Wenn Buffett solche Unternehmen findet, ist er auch durchaus bereit, einen höheren Preis zu zahlen.
Dennoch hat Buffett Technologieaktien immer massiv untergewichtet. Ist seine Strategie aus der Zeit gefallen?
Warren Buffett hat auf der Hauptversammlung 2016 selbst zugegeben, dass er die Technologiewelle verpasst hat. Dabei hätten viele der großen Player der Branche eigentlich sehr gut in sein Portfolio gepasst. Denn er sucht ja Unternehmen, die mit wenig Kapitaleinsatz und hoher Kundentreue auftrumpfen können. Immer wenn er Sieger erkennen konnte, hat er investiert – so zum Beispiel bei Eisenbahnen, Finanzunternehmen oder Ölgesellschaften. Amazon, Google oder Microsoft dagegen hat er ignoriert. Er fühlt sich in Traditionsbranchen und bei Konsumwerten wohler, weil er sie versteht und beurteilen kann.
Wie konnte er dann trotzdem über viel Jahre eine so gute Performance erzielen?
Das liegt an mehreren Faktoren. Zum einen hat er in seinen Stammsektoren wie Öl, Eisenbahnen, Versicherungen, Kreditkarten und Konsum immer wieder sein gutes Händchen bewiesen und oft auch gegen den Markttrend Positionen aufgestockt. Zudem profitiert die Holding Berkshire Hathaway von den stetigen und profitablen Kapitalzuflüssen aus dem Versicherungsgeschäft und peppt damit die Performance auf. Und schließlich hat er ja auch nicht die gesamte Technologiebranche verpasst. Die Beteiligung an Apple hat Berkshire Hathaway seit dem Einstieg im Jahr 2016 einen starken Schub verpasst.
Warum hat er in Apple investiert und allenfalls marginal in all die anderen Technologiewerte?
Als Buffett 2016 erstmals Apple kaufte, war die Aktie nach einem Kursrückgang nach Kriterien eines Value-Investors attraktiv bewertet. Er betrachtet Apple auch gar nicht als Internet- und Technologiewette, sondern als Konsumaktie – mit einem hervorragenden Produkt, extrem hohem Markenimage und einem großen „Burggraben“. Zum iPhone gesellen sich in einer geschlossenen Komfortwelt iMac, iPad, Apple Watch und schließlich zahlreiche Dienste. Die Produkte der Apple-Familie sind zwar nicht günstig, sodass sie sich nur Angehörige einer gewissen Einkommensklasse leisten können. Aber wer einmal im Apple-Kosmos ist, verlässt ihn aus Bequemlichkeit so schnell nicht.
Zuletzt hat Buffett massiv Apple-Aktien verkauft. Hat sich das angesichts der jüngsten Einbrüche an den US-Märkten als weise erwiesen?
Es ist möglich, dass er die Marktbewertungen in den USA für überzogen hielt und auf Investmentgelegenheiten nach einem Kurssturz wartet. Ich glaube allerdings, dass er vor allem das starke einseitige Ungleichgewicht in seinen Investments ausgleichen wollte. Apple machte zeitweise mehr als die Hälfte seiner Aktienbeteiligungen aus und ist auch weiterhin mit Abstand die größte Position. Gleichzeitig aber flacht auch das Wachstum bei Apple zunehmend ab. In Asien werden einheimische Handys bevorzugt, die technisch ebenbürtig und preiswerter sind. Insofern scheint es naheliegend, den Schwerpunkt zu verringern.
Durch die Verkäufe saß Berkshire Hathaway zur Jahreswende auf rund 334 Milliarden Cash-Reserven. Was halten Sie davon?
Es kann Taktik sein. Und in der Tat sind die US-Märkte insgesamt hoch bewertet. Möglicherweise liegt es aber auch daran, dass Warren Buffett nicht mehr wirklich im Tagesgeschäft aktiv ist. Da fehlen dann die konzerninternen Insider-Informationen, die er immer so gut zu nutzen wusste. Ich persönlich halte eine Cash-Reserve in dieser Höhe für übertrieben. Es gäbe durchaus Investitionsgelegenheiten in und außerhalb der Tech-Branche.
Buffett wird im August 95: Welche Zukunft sehen Sie für Berkshire Hathaway unter dem designierten Nachfolger Greg Abel? Erwarten Sie wesentliche Änderungen bei der Anlagestrategie?
Warren Buffett hat vorgesorgt. Der designierte Nachfolger Greg Abel ist ein sehr intelligenter, sachlicher Manager. Sein Unterhaltungswert bei den Hauptversammlungen wird sicherlich nicht so hoch wie der von Warren Buffett. Aber an der Anlagestrategie wird sich wohl nichts Wesentliches ändern.
Was können Privatanleger von Buffett lernen?
Suche Firmen, die du kennst und dir nahe sind. Prüfe, ob diese Firmen in ihren Segmenten profitabel wachsen und dabei höhere Renditen erzielen als andere. Bleibe bei den wirklich guten Aktien sehr lange engagiert und laufe nicht den neuesten Börsenhypes hinterher. Und sei wie ein Krokodil auf der Lauer: Wenn die guten Unternehmen in einem Crash billig werden, dann kaufe nach!
Bei diesem Interview handelt es sich um einen redaktionellen Beitrag, der nicht die Meinung der comdirect – einer Marke der Commerzbank AG – wiedergibt. Die Auswahl der Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente stellt kein Angebot, keine Aufforderung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar. Aktien unterliegen Kursschwankungen; damit sind Kursverluste möglich. Bei Wertpapieren, die nicht in Euro notieren, sind zudem Währungsverluste möglich. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Stand: 14.04.2025; Quelle: comdirect.de