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Kryptowährungen: Blockchain – Hype oder Zukunft?

Ein Beitrag von Andreas Lipkow, Börsenexperte bei comdirect

„Die Blockchain wird das Finanzsystem so verändern wie einst das Internet die Medien“. Das ist schon eine starke Aussage von Joichi Ito. Ito ist Direktor des MIT Media Labs, einer Fakultät der Universität Massachusetts. Sie gilt als weltweit führend bei der Erforschung technologiegestützter Lehre und neuer Kommunikationsformen.

Zum Autor: Andreas Lipkow arbeitet seit Juli 2017 für die comdirect bank AG als Marktexperte und Spezialist im Bereich Brokerage. Durch seine langjährige Tätigkeit im Investment Banking und speziell dem Bereich Trading verfügt er über ein breites Wissensspektrum und den Blick hinter die Börsenkulissen.

Aber was genau ist Blockchain eigentlich? Vereinfacht gesagt handelt es sich bei einer Blockchain um ein dezentrales Datenbank-Managementsystem. Es wurde erstmals 2008 von Satoshi Nakamoto beschrieben, von dem nicht bekannt ist, ob es sich um den Namen einer real existierenden Person, ein Pseudonym oder ein Sammelpseudonym für eine Gruppe von Personen handelt.

Wie funktioniert eine Blockchain?

Eigentlich ist die Funktionsweise einer Blockchain simpel. Anhand eines kleinen Beispiels möchte ich kurz erklären, wie eine Blockchain funktioniert: Stellen Sie sich vor, dass Person A an Person B Geld transferieren möchte. Dafür nutzt sie allerdings nicht die klassische Banküberweisung (obwohl die mit der comdirect App heute schnell und einfach durchzuführen ist), sondern die Blockchain. Die Transaktion erscheint als Datenblock, einem sogenannten Hash, im Netz. Dieser Datenblock ist für alle registrierten Teilnehmer dieser Blockchain einsehbar. Die Teilnehmer prüfen nun die Richtigkeit des Blocks: Will Person A wirklich an Person B Geld überweisen? Nach Freigabe wird der Datenblock der Kette, der Chain, hinzugefügt. Und Person B erhält das Geld von Person A.


Im Grunde genommen ist eine Blockchain ein öffentlich einsehbares Register mit dem Vermerk aller bisherigen Transaktionen, vergleichbar mit einem Kassenbuch. Dieses Register ist dezentral gespeichert, das heißt, das Kassenbuch liegt nicht an einem bestimmten Ort, sondern jeder, der damit zu tun hat, besitzt eine Kopie davon. Ändert sich ein Eintrag, so ist diese Änderung in allen Kopien sichtbar.

Was ist eine Blockchain?

Rein technisch betrachtet ist die Blockchain eine zeitlich aneinander gereihte Kette von Transaktionsblöcken. Jeder Block wird durch das sogenannte Mining verifiziert und versiegelt: Einmal verifiziert, sind der Block und die darin enthaltene Information für alle Ewigkeit unveränderlich und für jeden sichtbar gespeichert. Das macht eine Blockchain absolut fälschungssicher.

Blockchain ist nicht gleich Bitcoin

Es gibt zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain: Wie im Beispiel gezeigt, kann man damit Geld überweisen. Im Zusammenhang mit dem Begriff „Blockchain“ fällt auch häufig das Wort „Bitcoin“. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Kryptowährung, also eine rein digitale Währung, die über die Blockchain gehandelt wird. Neben Bitcoin gibt es mittlerweile über 4.500 weitere Kryptowährungen. Diese sind (noch) nicht bei Banken erhältlich – im Gegenteil, es ist ein Parallelsystem zur Geld- und Kreditwirtschaft.

Gemessen an der Marktkapitalisierung ist Bitcoin die größte der Kryptowährungen und zugleich auch der Pionier. Seit 2009 wird Bitcoin (BTC) öffentlich gehandelt und hat eine beeindruckende Kursentwicklung hingelegt. So stieg der Kurs Ende Dezember 2017 auf knapp 20.000 US-Dollar – um Anfang Februar 2018 auf unter 7.000 US-Dollar zu fallen.

Durch die Präsenz in den Medien könnte man meinen, Bitcoin hätte eine gigantische Marktmacht. Doch gemessen an den großen Playern in der Realwirtschaft ist Bitcoin klein: Die Marktkapitalisierung von Amazon ist achtmal so groß, die von Apple zehnmal. Das hilft vielleicht ein bisschen zur Einordnung des Phänomens.

Smarte Verträge mittels Blockchain

Neben dem Geldtransfer gibt es aber noch zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten für die Blockchain. Vereinfacht gesagt ermöglicht die Blockchain sichere Transaktionen zwischen einander Unbekannten ohne Einschaltung einer dritten Partei. Das ist zum Beispiel überall dort interessant, wo es um Verträge geht. Über die Blockchain können sogenannte „smart contracts“, also smarte Verträge, geschlossen werden. Die Blockchain bildet Vertragsprozesse dabei nicht nur vertikal, sondern auch horizontal ab. Ein Beispiel aus dem Gesundheitswesen: Wechselt ein Patient den Arzt, könnten seine Daten über die Blockchain übertragen werden. Was die elektronische Gesundheitskarte nicht geschafft hat, wäre mit der Blockchain problemlos möglich – denn der Datenschutz ist durch die Anonymität der Teilnehmer gewährleistet. Ein anderes Beispiel ist der Immobilienkauf: Käufer und Verkäufer könnten die Transaktion über die Blockchain abschließen. Der Kaufpreis würde automatisch fließen und der Grundbucheintrag im Anschluss, Algorithmus sei Dank, automatisiert erfolgen.

Vom Hype in die Praxis

Alles Zukunftsmusik? Mitnichten. Zwar ist es in letzter Zeit etwas ruhiger um die Blockchain geworden. Das heißt aber nicht, dass es sich bei der Technologie nur um ein Strohfeuer handelte. Im Gegenteil – zahlreiche Unternehmen und Branchen arbeiten gerade daran, wie sie die Blockchain effizient für sich nutzen können. Wie Joichi Ito eingangs beschrieb, hat die Technologie das Potenzial, das Bankgeschäft auf den Kopf zu stellen: Blockchain könnte die Transformation der Banken zu Infrastruktur- und Technologieanbietern massiv beschleunigen. Banken können sich beispielsweise als Treuhänder für Zahlungsabwicklungen positionieren oder als Dienstleister im Blockchain-Umfeld. Aber sie könnten die Blockchain auch für ihr eigenes Geschäft nutzen: Neben Anlageprodukten mit Bezug zu Kryptowährungen könnten vor allem auch weitere Geschäftsbereiche wie die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen, die Unternehmensfinanzierung, Kredite und Anleiheemissionen in den nächsten Jahren ins Blickfeld rücken. Blockchain-Anwendungen haben darüber hinaus das Potenzial, die Kernabläufe des Bankgeschäfts grundlegend zu verändern, wodurch die Gesamtbanksteuerung vereinfacht würde.

Auch in anderen Branchen kann die Blockchain Geschäftsprozesse verändern: Industrieunternehmen wie Daimler beschäftigen sich bereits konkret mit dem Thema. Daimler möchte über die Blockchain-Technologie das Fahrverhalten der Kunden von Elektrofahrzeugen messen und bei schonender Fahrweise incentivieren: Fährt der Kunde von Daimler vorausschauend, so hält die Batterie länger. Die Blockchain überwacht das Fahrverhalten und ermöglicht bei effizienter Fahrweise beispielsweise, dass sich der Kunde eine Prämie im Daimler-Shop aussuchen kann.

Fazit: Bisher wurde viel über die Blockchain geredet – nun folgen die Taten. Ob sich diese Art des Datenmanagements durchsetzen wird, steht in den Sternen. Fakt ist aber, dass die Blockchain bei vielen Prozessen zum Einsatz kommen könnte – und diese erleichtern würde. Dass sich so viele Unternehmen mit der Technologie auseinandersetzen, unterstreicht das Potenzial der Blockchain für die Wirtschaft.

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