Trinity College Library in Dublin von innen.
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© Andres Conema via GettyImages/iStockphoto

Benjamin Graham: Der intelligente Investor

Key Takeaways
  • Benjamin Graham war ein erfolgreicher Investor und Börsenautor des 20. Jahrhunderts.
  • Graham gilt als Erfinder des Value Investments und vieler Kennzahlen zur Aktienanalyse.
  • Als Lehrmeister prägte Graham zahlreiche Börsenlegenden, unter anderem Warren Buffett.

Benjamin Graham war ein erfolgreicher Investor. Aber noch bekannter als durch seine Anlageerfolge wurde er Mitte des 20. Jahrhunderts durch seine Bücher, seine Lehrtätigkeit und die Investmenterfolge seiner Studenten. Er gilt als Pionier des Value Investing und der fundamentalen Analyse. Das Buch „The Intelligent Investor“ bezeichnete sein bekanntester und erfolgreichster Schüler Warren Buffett schon kurz nach dem Erscheinen im Jahr 1949 als „das beste Buch, das ich jemals gelesen habe“. Und das sagt Buffett noch heute als über 90-Jähriger.

Brillanter Akademiker wird Börsenbote

Benjamin Graham hieß eigentlich Benjamin Großbaum und wurde 1894 in London geboren. Im Jahr danach emigrierten seine jüdischen Eltern mit ihm in die USA und änderten den Namen. Nach dem frühen Tod des Vaters und dem Verlust des Familienvermögens in der Börsenkrise 1907 wuchs die Halbwaise in Armut auf. Ab 1911 studierte Graham am Columbia College Englisch, Griechisch und Mathematik und schloss das Studium in Rekordzeit und mit Top-Noten ab. Die akademische Karriere stand ihm offen, aber er ging als Bote an die Wall Street. Wirtschaft hatte er zwar nie studiert, aber als begabter Mathematiker blieb er bei seinem ersten Arbeitgeber, der Brokerfirma Newburger, Henderson & Loeb, nicht lange Bote. Erst wurde Graham Anleiheanalyst, 1920 stieg er zum gut bezahlten Partner auf. 1926 gründete Graham zusammen mit Jerome Newman die Graham-Newman Corporation. Bis zur Rente schlug er mit dieser Investmentgesellschaft den S&P-Index durchschnittlich um 3 % pro Jahr.

Bekannter Lehrmeister und Herr der Kennzahlen

Gleichzeitig begann er eine Lehrtätigkeit an der Columbia University. Dort brachte er seinen Studenten wie den späteren Börsenlegenden Walter Schloss, Irving Kahn und Warren Buffett das Analysieren und Investieren bei – vor allem die Prinzipien des Value Investments. Den erratischen Aktienmarkt personalisierte Graham als „Mr. Market“ – ein unsteter Geselle, von extremen Stimmungen geprägt. Dessen Käufe und Verkäufe, so erklärte er seinen Studenten, seien nicht von einer Analyse, sondern von Emotionen geprägt. Ein intelligenter Investor handle genau gegen die Stimmungen von Mr. Market, kaufe die Aktie unter ihrem eigentlichen Wert und bekomme damit eine „Margin of Safety“. Diese Sicherheitsmarge, so Graham, mache sich irgendwann bezahlt. Denn: „Kurzfristig ist der Markt wie eine Wahlmaschine, langfristig aber wie eine Waage.“

Der intelligente Investor ist ein Realist

Was aber ist der innere Wert einer Aktie? In Zeiten, in denen die Rechenarbeit noch händisch und ohne Computer geleistet werden musste, setzte Graham auf die Bilanzanalyse und akribische Arbeit: Graham entwickelte und beherzigte Kennzahlen, die wir auch heute noch kennen: das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und das Kurs-Buch-Verhältnis (KBV), den Verschuldungsgrad und die Dividendenrendite. So fand er die unterbewerteten, vom Markt noch nicht entdeckten Aktien: Danach müsse man vor allem warten können. Grahams Überzeugung: „Der intelligente Investor ist ein Realist, der Aktien an Optimisten verkauft und von Pessimisten kauft.“

Graham als zufriedener Mensch

In seiner Anlagepolitik vertraute Benjamin Graham konsequent auf Kennzahlen. Ein trockener Mathematiker war er jedoch beileibe nicht. Er war dreimal verheiratet und sehr vielseitig interessiert: „Graham pflegte zu sagen, dass er sich jeden Tag wünschte, etwas Dummes, etwas Kreatives und etwas Großzügiges zu tun“, erinnerte sich Warren Buffett. Nach der Liquidierung seiner Investmentgesellschaft lehrte Graham noch im Rentenalter an der University of California in Los Angeles. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er jeweils zur Hälfte in Kalifornien und in Aix-en-Provence. Dort starb der lebensfrohe Graham im September 1976. Kurz zuvor hatte er in japanischer Intellektuellen-Tradition noch sein Todesgedicht verfasst. Es lautete: „Dieser Mann erinnerte sich an das, was sonst alle vergaßen, und vergaß viel, an das sich jeder erinnerte. Er lernte lang, arbeitete hart und lächelte häufig, gestärkt von Schönheit und gefesselt von der Liebe.“

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