Welcher Anleger träumt nicht davon, sein Geld für sich arbeiten zu lassen und ein stetig wachsendes Guthaben zu haben? Wenn der Zinseszinseffekt greift, kann dieser Traum wahr werden. Dafür müssen jedoch bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Was der Zinseszinseffekt ist, wie er bei verschiedenen Anlagearten wie ETFs und Aktien funktioniert und welche Faktoren ihn beeinflussen, erfahren Sie in diesem Artikel. Außerdem erklären wir Ihnen, wie Sie den Zinseszins mit einer einfachen Formel selbst berechnen können.
Was ist der Zinseszinseffekt?
Zinseszinsen sind Zinsen, die auf Zinserträge gezahlt werden. Beim Zinseszinseffekt geht man davon aus, dass die Erträge über einen längeren Zeitraum zusammen mit dem Anfangskapital zum selben Zinssatz wieder angelegt werden. Die eingenommenen Zinsen werden also nicht ausgegeben, sondern reinvestiert oder thesauriert – das zu verzinsende Kapital steigt an. Dieser Effekt tritt im Lauf der Zeit immer schneller ein, sodass der Zinseszinseffekt langfristig dazu führt, dass das angelegte Kapital steiler ansteigt als bei der einfachen Verzinsung. Im Gegensatz zum einfachen Zins steigt der Wert des angelegten Geldes beim Zinseszins nämlich nicht linear, sondern exponentiell.
Gut zu wissen: Kurze Zinsperioden wie eine monatliche oder quartalsweise Zinsauszahlung steigern den Zinseszinseffekt. Das liegt daran, dass die Zinsen in der laufenden Verzinsung häufiger berücksichtigt werden.
Wie funktioniert der Zinseszinseffekt?
Wie der Zinseszinseffekt funktioniert, lässt sich am besten an einem konkreten Beispiel nachvollziehen. Nehmen wir an, Sie haben die Möglichkeit, 10.000 Euro über einen Zeitraum von 20 Jahren zu einem vergleichsweise hohen festen jährlichen Zinssatz von 5 %anzulegen. Im ersten Jahr erwirtschaften Sie einen Zinsertrag von 500 Euro:
10.000 Euro * 5/100 = 500 Euro
Die erwirtschafteten Zinsen werden dem Anfangskapital hinzugefügt, das dann 10.500 Euro beträgt. Die Zinsen aus dem ersten Jahr werden also im zweiten Jahr mitverzinst und generieren Zinsenzinsen. Der Zinsertrag beträgt nun 525 Euro und wird ebenfalls reinvestiert. Nach zehn Jahren wäre das Endkapital auf 16.288,95 Euro angestiegen. Nach fünfzehn Jahren hätte sich ihr Anfangskapital mehr als verdoppelt. Am Ende des zwanzigjährigen Anlagezeitraums würden aus 10.000 Euro ein Vermögen von 26.532,98 Euro werden.
Wertentwicklung von 10.000 Euro über 20 Jahre bei einem Zinssatz von 5 Prozent
Jahr | Kapital | Zinsen | Endkapital |
---|---|---|---|
1 | 10.000 | 500 | 10.500 |
2 | 10.500 | 525 | 11.025 |
3 | 11.025 | 551,25 | 11.576,25 |
4 | 11.576,25 | 578,81 | 12.155,06 |
5 | 12.155,06 | 607,75 | 12.762,81 |
10 | 15.513,28 | 775,66 | 16.288,94 |
15 | 19.799,32 | 989,97 | 20.789,29 |
20 | 25.269,50 | 1.263,48 | 26.532,98 |
Wann greift der Zinseszinseffekt?
Neben der Anlagedauer und der Höhe des Anfangskapitals spielt auch der Zinssatz eine entscheidende Rolle dafür, wie sehr der Zinseszinseffekt seine Wirkung entfaltet. Das obige Rechenbeispiel geht von einem vergleichsweise hohen Zinssatz von 5 % aus. Denn seine volle Wirkung entfaltet der Zinseszinseffekt erst bei einer ausreichend hohen Verzinsung. Bei einem angenommenen Zinssatz von 1 % würde das Anfangskapital in Höhe von 10.000 nach 20 Jahren – trotz Zinseszinseffekt – gerade einmal auf 12.201,90 Euro ansteigen. Angesichts der aktuell niedrigen Zinsen auf Tagesgeldkonten und Sparbücher macht sich der Zinseszinseffekt bei diesen Produkten deshalb heute kaum bemerkbar.
Welche Faktoren beeinflussen den Zinseszinseffekt?
Anhand der obigen Beispielrechnung lassen sich die zwei Faktoren ableiten, die den Zinseszinseffekt wesentlich beeinflussen: Zeit und Geld. Je früher Sie mit dem Investieren beginnen und je länger Sie Ihr Geld anlegen, desto höher fällt Ihre Rendite aus, sofern der Zinseszinseffekt greift. Dasselbe gilt für die Höhe des angelegten Kapitals: Je mehr Geld Sie investieren, desto höher ist auch der Wertzuwachs, wenn Sie die Zinserträge bei konstantem Zinssatz laufend reinvestieren. Unvorhergesehene Ereignisse, wie Wirtschaftscrashs oder Finanzskandale können jedoch auch den Zinseszinseffekt beeinflussen.
Wie rechne ich den Zinseszins aus?
Mit einer einfachen Formel können Sie selbst ausrechnen, wie sich Ihr Anfangskapital bei einem festen Zinssatz nach einer bestimmten Laufzeit entwickelt haben wird.
Die Formel für den Zinseszinseffekt lautet:
Kn = Ko * (1 + p/100)n
Kn = Endkapital, K0 = Anfangskapital, p = Zinssatz, n = Anlagezeitraum in Jahren
In diese Formel können wir nun die Zahlen aus unserem vorherigen Rechenbeispiel einsetzen:
Kn = 10.000 * (1 + 5/100)20 = 26.532,98 Euro
Wie funktioniert der Zinseszinseffekt bei ETFs?
Eine Art von Zinseszinseffekt können Sie beispielsweise bei einer Geldanlage in börsengehandelte Indexfonds oder kurz ETFs erzielen. Hier bietet sich ein thesaurierender Fonds an. Denn bei einem solchen Produkt werden die Erträge automatisch wiederangelegt. Sofern Sie mit Ihrer Geldanlage Gewinne erzielen, steigt Ihr Kapital also stetig an, sodass Sie die Möglichkeit haben, langfristig eine noch höhere Rendite zu erzielen. Da ein Indexfonds die Wertentwicklung eines ganzen Index abbildet, hätten Sie beispielsweise mit einem ETF auf den DAX im Zeitraum von 2009 bis 2019 eine durchschnittliche Rendite von 8,3 % realisiert. Auch in diesem Fall dürfen Anleger das Risiko eines Wertverlustes nicht vernachlässigen.
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Wie alle Anlageklassen unterliegen auch börsengehandelte Indexfonds markt-, branchen- und unternehmensbedingten Wertschwankungen. Es gibt also keine Garantie dafür, dass Sie Ihr Vermögen mit dieser Form der Geldanlage langfristig vermehren – tatsächlich bestehen auch bei dieser Anlageklasse erhebliche Verlustrisiken. Auch ein gleichbleibender „Zinssatz“ wie er beim Zinseszinseffekt angenommen wird – oder in diesem Fall eine stetige Rendite – kann angesichts der unvermeidbaren Volatilität auf den Finanzmärkten nicht gewährleistet werden. Zudem fallen für das Anlegen in ETFs – beispielsweise in Form eines ETF-Sparplans – Gebühren an, die die Wertentwicklung mindern, auch wenn diese laufenden Kosten zumeist nur zwischen 0,2 und 05, % liegen.
Wie funktioniert der Zinseszinseffekt bei Aktien?
Tipp: Ob Sie in ETFs oder Aktien investieren wollen – als Privatanleger sollten Sie sich im Rahmen einer „Börsenausbildung“ mit den wichtigsten Grundlagen und Strategien des Börsenhandels vertraut machen. Das können Sie zum Beispiel in unserer comdirect Akademie.
Auf Aktien werden zwar keine Zinsen gezahlt, allerdings beteiligen viele Gesellschaften ihre Anleger mit einer jährlichen Dividendenausschüttung am erwirtschafteten Gewinn. Um auch bei Aktien von einer Art Zinseszinseffekt zu profitieren, können Sie die Dividende reinvestieren – bei Einzeltiteln händisch oder bei Aktienfonds durch die Auswahl eines thesaurierenden Fonds, der solche Erträge automatisch wieder anlegt. Abgesehen von den erheblichen Verlustrisiken, die mit jeder Form der Wertpapieranlage verbunden sind, ist eine konstante Wertentwicklung auch bei Aktien oder Aktienfonds nicht zu erwarten. Zum einen legen die Unternehmen ihre Gewinnbeteiligungen Jahr für Jahr selbst fest. Die Dividende kann also steigen, aber auch sinken – oder sogar komplett ausfallen. Zum anderen hängt die Rendite einer solchen Geldanlage nicht nur von der Regelmäßigkeit und Höhe des auszuschüttenden Betrages ab, sondern eben auch von der Performance der Aktie. Schließlich kann bei Veräußerung der Wertpapiere zwecks Gewinnrealisierung zusätzlich zu den Gebühren Abgeltungssteuer inklusive Kirchensteuer anfallen.
Sie haben noch Fragen rund um das Thema Zinseszinseffekt oder zu anderen Bankangelegenheiten? Bei Fragen können Sie jederzeit unsere Kundenbetreuer kontaktieren – per Telefon unter 04106 – 708 25 00, über unser Kontaktformular oder per Live-Chat. Unsere Kundenbetreuer sind rund um die Uhr für Sie erreichbar – 7 Tage die Woche, 24 Stunden am Tag.