Gender-Pay-Gap in Deutschland – Bahnsteig der Londoner U-Bahn mit „Mind the Gap“-Markierung.
Gender-Pay-Gap in Deutschland – Bahnsteig der Londoner U-Bahn mit „Mind the Gap“-Markierung.
© Alex Yeung via Adobe Stock

Gender-Pay-Gap – die Lohnlücke in Deutschland

Key Takeaways
  • Der Gender-Pay-Gap beziffert die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern.
  • 2022 lag die geschlechtsspezifische Lohnlücke in Deutschland bei 18 %.
  • Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit oder gar nicht.
  • Für Frauen ist die private Altersvorsorge ein umso wichtigeres Thema.

Definition: Was versteht man unter dem Gender-Pay-Gap?

Als Gender-Pay-Gap, auch Gender-Wage-Gap, bezeichnet man einen Indikator für die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern. Ein deutscher Begriff für den Gender-Pay-Gap ist die Lohnlücke. Man spricht auch vom geschlechtsspezifischen Lohngefälle.

Der Gender-Pay-Gap wird als prozentualer Anteil des durchschnittlichen Brutto-Stundenverdienstes von Männern angegeben. Dabei unterscheidet man zwischen dem bereinigten und dem unbereinigten Gender-Pay-Gap.

Was ist der Unterschied zwischen dem bereinigten und dem unbereinigten Gender-Pay-Gap?

Bei der Ermittlung des Gehaltsunterschiedes zwischen Frau und Mann unterscheidet man grundsätzlich zwischen dem bereinigten und dem unbereinigten Gender-Pay-Gap.

Unbereinigter Gender-Pay-Gap

Der unbereinigte Gender-Pay-Gap gibt die prozentuale „Lücke“ beim durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Frauen und Männern an. Unbereinigt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass keine Faktoren berücksichtigt werden, die das unterschiedlich hohe Gehalt von Frauen und Männern erklären. Lohnbestimmende Faktoren sind z. B.:

  • Branche (z. B. Dienstleistungssektor vs. Industrie)
  • Beruf
  • Position
  • Qualifikation
  • Berufserfahrung
  • Karrierestufe
  • Arbeitszeitmodell (z. B. Voll- oder Teilzeit)

Studien zeigen, dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen häufig nicht nur weniger Geld fordern, sondern auch anders behandelt werden als Männer. Im comdirect Magazin findest du wichtige Tipps zur Gehaltsverhandlung.

Bereinigter Gender-Pay-Gap

Beim bereinigten Gender-Pay-Gap werden strukturelle Faktoren, die dafür sorgen, dass Frauen und Männer unterschiedlich viel verdienen, weitgehend herausgerechnet. Ziel ist es, eine Aussage über das geschlechtsspezifische Lohngefälle bei vergleichbaren Eigenschaften zu treffen.

Konkret geht es um die Frage, wie hoch die Differenz im Bruttostundenverdienst von Frauen und Männer ist, die z. B. die gleiche Qualifikation haben oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben. Der bereinigte Gender-Pay-Gap fällt in der Regel geringer aus als der unbereinigte Gender-Pay-Gap.

Auch beim bereinigten Gender-Pay-Gap werden nicht alle Faktoren berücksichtigt, die das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern erklären können, z. B. Lohnarbeitsunterbrechungen durch Schwangerschaft oder Pflege von Angehörigen.

Gender-Wage-Gap: Wie hoch war der Gender-Pay-Gap 2022 in Deutschland?

Der unbereinigte Gender-Pay-Gap in Deutschland lag 2022 bei 18 %. Das bedeutet, dass Frauen in dem Jahr im Durchschnitt 18 % weniger pro Stunde verdienten als Männer. Der bereinigte Gender-Pay-Gap wurde für 2022 mit 7 % ermittelt. Frauen mit gleicher Qualifikation und vergleichbarer Tätigkeit verdienten pro Stunde also immer noch 7 % weniger als Männer.

Lohnunterschiede in Deutschland: Wie viel verdient eine Frau bzw. ein Mann im Durchschnitt?

Im Jahr 2022 verdienten Männer in Deutschland brutto im Durchschnitt 24,36 Euro pro Stunde. Der durchschnittliche Bruttoverdienst pro Stunde von Frauen lag dagegen bei 20,05 Euro. Daraus ergibt sich für das Jahr 2022 ein unbereinigter Gender-Pay-Gap von 4,31 Euro.
Mehr zum Durchschnittseinkommen in Deutschland kannst du im comdirect Magazin nachlesen.

Gehaltsunterschied zwischen Mann und Frau: Welches Land hat den geringsten Gender-Pay-Gap?

Innerhalb der Europäischen Union gibt es deutliche Unterschiede beim Gender-Pay-Gap. Für die EU liegen aktuell (Stand: November 2023) nur Daten bis 2021 vor. EU-weit lag der Gender-Pay-Gap in dem Jahr bei 12,7 %.

Das geringste Lohngefälle zwischen Frauen und Männern gab es in Rumänien. Hier lag der Gender-Pay-Gap im Jahr 2021 bei nur 3,6 %. Den höchsten Verdienstunterschied verzeichnete Estland mit 20,5 %. Doch auch in Deutschland lag der Gender-Pay-Gap im EU-Vergleich mit 17,6 % auf einem hohen Niveau. Nach Estland und Österreich verzeichnete Deutschland die dritthöchste Verdienstungleichheit zwischen Frauen und Männern. Bei den Angaben handelt es sich jeweils um den unbereinigten Gender-Pay-Gap.

Deutschland verzeichnete 2021 den dritthöchsten Gender-Pay-Gap in der EU
Deutschland verzeichnete 2021 den dritthöchsten Gender-Pay-Gap in der EU

Warum ist der Gender-Pay-Gap in Deutschland so hoch?

Für das relativ hohe Lohngefälle zwischen Frauen und Männern in Deutschland gibt es verschiedene Gründe. Viele begründen sich in etablierten Gesellschaftsstrukturen und stereotypen Geschlechterzuschreibungen.
So gibt es viele Berufe, welche besonders von Frauen geprägt sind und in der Regel geringer entlohnt werden. Dazu gehören unter anderem viele Jobs im Dienstleistungssektor.

Ein weiterer Grund ist, dass Frauen ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger für die Familie unterbrechen. Sie arbeiten zudem häufiger in Teilzeit und nehmen generell seltener am Erwerbsleben teil. Anders gesagt: Ihre Lohnarbeitszeit fällt durchschnittlich geringer aus, während sie häufig mehr unbezahlte Care-Arbeit leisten.

Drittens sind Frauen in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. Gerade einmal knapp jede 3. Führungskraft war 2022 in Deutschland weiblich. Dies lässt sich zum Teil auf die zuvor genannten Gründe zurückführen: Führungspositionen sind in der Regel Vollzeitstellen und setzen häufig ein Maß an Berufserfahrung voraus, das viele Frauen aufgrund von Erwerbsunterbrechungen nicht vorweisen können.

Als „gläserne Decke“ bezeichnet man unsichtbare, aber bestehende Barrieren, die Frauen daran hindern können, die Karriereleiter weiter nach oben zu steigen. Diese können auf verschiedenen Faktoren beruhen, darunter stereotype Rollenbilder und Vorstellungen über die Fähigkeiten von Frauen sowie etablierte männerdominierte Netzwerke.

Welche Folgen hat der Gender-Pay-Gap?

Aufgrund des Gender-Pay-Gap besteht in erster Linie eine erhebliche Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, die viele negative Auswirkungen hat. So steht Frauen oftmals weniger Einkommen zur Verfügung, was sich gerade bei steigenden Lebenshaltungskosten besonders negativ auswirken kann. Tatsächlich sind Frauen häufiger auf Sozialleistungen angewiesen.

Auswirkungen auf Partnerschaften

Gleichzeitig kann der Gender-Pay-Gap auch dazu beitragen, dass Frauen in Partnerschaften in eine Abhängigkeitsbeziehung gedrängt werden, da sie möglicherweise weniger finanzielle Autonomie haben und stärker auf die Unterstützung ihres Partners angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem kann der Gender-Pay-Gap als einer von vielen Faktoren dazu beitragen, dass immer noch mehr Mütter eine längere Elternzeit nehmen als Väter. Wenn das Einkommen der Frau bereits niedriger ist, ist der Einkommensverlust während der Elternzeit möglicherweise geringer. Folglich gehen Mütter durchschnittlich weniger Erwerbsarbeit nach, wodurch sich die Problematik verstärkt.

Auswirkungen auf die Altersvorsorge

Die wohl schwerwiegendste langfristige Folge des Gender-Pay-Gap ist das unterschiedliche Rentenniveau bei Frauen und Männern – der sogenannte Gender-Pension-Gap. Diese „Rentenlücke“ zwischen Frauen und Männern liegt in Deutschland bei 59,6 %. Das heißt: Die Altersbezüge von Frauen in Deutschland liegen 59,6 % unter denen von Männern. Tatsächlich sind Frauen überdurchschnittlich oft von Altersarmut in Deutschland betroffen.

Da Frauen im Durchschnitt weniger verdienen und eine geringere Rente haben, ist vor allem für sie das Sparen im Alter ein wichtiges Thema. Informiere dich im comdirect Magazin über die Altersvorsorge mit ETFs und andere Themen.

Was ist der Equal Pay Day?

Auf welchen Tag der Equal Pay Day fällt, wird anhand des aktuellen statistisch ermittelten Gender-Pay-Gap ermittelt. In Deutschland fiel der Equal Pay Day 2023 auf den 7. März. Frauen erhalten durchschnittlich so viel weniger Lohn als Männer, dass sie im Vergleich sozusagen bis Anfang März umsonst gearbeitet haben. Je höher der Gender-Pay-Gap, desto später im Jahr wird der Equal Pay Day begangen.

Der Equal Pay Day ist daher ein internationaler Aktionstag, der jedes Jahr auf die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen – also den Gender-Pay-Gap – hinweist. Er wird in unterschiedlichen Ländern an verschiedenen Tagen begangen und markiert jeweils den nationalen Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen.

Welche Gender Gaps gibt es außer dem Gender-Pay-Gap?

Der „Gender Gap Arbeitsmarkt“ (GGA) berücksichtigt neben dem Gender-Pay-Gap noch 2 weitere Faktoren für die ungleiche Verdienstsituation von Frauen und Männern: den Gender Hours Gap und den Gender Employment Gap

Gender-Hours-Gap

Frauen verdienen pro Stunde nicht nur durchschnittlich weniger als Männer – sie leisten im Schnitt auch weniger bezahlte Arbeit. Nach der Geburt des Kindes verringern viele Frauen ihre Arbeitszeit, während Männer mehr Stunden arbeiten. Die Gender Hours Gap lag 2022 in Deutschland bei 18 % und zeigt, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten.

Gender-Employment-Gap

Der Gender-Employment-Gap bezieht sich auf die Erwerbstätigenquote von Frauen und Männern. Auch hier gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen nehmen seltener am Erwerbsleben teil als Männer. Der Gender Employment Gap lag 2022 in Deutschland bei 9 %.

Gender-Care-Gap

Der sogenannte Gender-Care-Gap lag 2019 bei 52,4 %. Das heißt: Frauen wendeten pro Tag durchschnittlich 52,4 % mehr Zeit für Erziehung, Hausarbeit oder Pflege von Angehörigen auf als Männer.

Fazit: Gender-Pay-Gap in Deutschland – Frauen müssen privat finanziell vorsorgen

Der statistisch ermittelte Gender-Pay-Gap zeigt: Frauen in Deutschland verdienen pro Stunde noch immer weniger als Männer. Die Gründe dafür sind vielfältig und lassen sich häufig auf Geschlechterklischees und strukturelle Faktoren zurückführen. Um die Lohnlücke zu schließen, bedarf es daher sowohl politischer Weichenstellungen als auch eines gesamtgesellschaftlichen Umdenkens.

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Darüber hinaus ist es wichtig, dass Frauen frühzeitig beginnen, privat fürs Alter vorzusorgen. Denn das geschlechtsspezifische Lohngefälle hat meistens zur Folge, dass Frauen weniger Rente beziehen und überproportional häufig von Altersarmut betroffen sind. Ein frühzeitiger Vermögensaufbau – z. B. mit einem Wertpapiersparplan – kann ein Baustein sein, um im Alter finanziell besser abgesichert zu sein.

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