Ausblick auf eine Einkaufsstraße in Berlin
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© golero via via Getty Images

Kleingeldabschaffung: Alle Infos zu den Plänen der EU

Zu schwer und zu teuer – das ist unser Kleingeld nach Ansicht der EU-Kommission. Und auch viele Bürger können sich nur schwer für das berühmte Klimpergeld begeistern. Ob an der Kasse oder am Parkscheinautomat – die Bezahlung mit kleinen Münzen empfinden viele als lästig. Die EU plant deshalb schon seit mehreren Jahren die Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen.

Wir zeigen, welche Maßnahmen dafür umgesetzt werden sollen und blicken zu unseren europäischen Nachbarn. Denn einige EU-Staaten haben Cent-Münzen bis zu einem Wert von 5 Cent bereits vollständig abgeschafft und runden seither Beträge auf. Wir zeigen zudem, welche Vor- und Nachteile die Kleingeldabschaffung und die Einführung einer Rundungsregel mit sich bringen.

Pläne der EU-Kommission zur Abschaffung des Kleingelds

Bereits mit der Einführung des Euros im Jahr 2002 kam die Frage auf, ob 1-und 2-Cent-Münzen überhaupt sinnvoll sind. Denn die Herstellungskosten des Kupfergeldes übersteigen deutlich den eigentlichen Wert der Münzen. Zudem müssen kleinere Münzwerte in einer höheren Stückzahl produziert werden als beispielsweise 1- oder 2-Euro-Münzen. Ob im Sparschwein, im zweckentfremdeten Gurkenglas oder in Hosentaschen und Autositzen – das Kupfergeld geht einfach häufiger verloren oder wird lediglich gespart. Dabei sind laut Deutscher Bundesbank rund 35 Milliarden 1-Cent-Stücke im Umlauf. Gemeinsam mit den 2- und 5-Cent-Münzen machen sie allein 70 Prozent aller Euromünzen aus. Statistisch gesehen besaß jeder Deutsche im Jahr 2018 außerdem 181 Münzen im Wert von 1 und 2 Cent. Doch gerade bei diesen Werten spricht man im Fachjargon von einer einseitigen Verwendung. Denn in der Regel erhalten wir 1- und 2-Cent-Münzen als Wechselgeld beim Einkaufen und Bringen diese nicht wieder in den Umlauf. Denn viele sortieren die Kleinstmünzen fürs Sparen oder die berühmte Kleingelddose aus. Die Folge: Es müssen immer mehr Kleinstmünzen produziert werden, um auch die kleinen Cent-Werte im Umlauf zu halten.

Anteile der Euro-Münzen im Bargeldumlauf
Quelle: Statista
Anteile der Euro-Münzen im Bargeldumlauf

Unser Tipp: Euro-Kleingeld kann kostenfrei in einer der 35 Filialen der Deutschen Bundesbank getauscht werden.

Frühe Pläne aus dem Jahr 2013

Schon im Jahr 2013 gab es erste Vorschläge der EU-Kommission, die 1- und 2-Cent-Münzen abschaffen und so eine Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs erreichen wollten. Als Hauptargument wurden damals die hohen Herstellungskosten angeführt. Viel Anklang fand der Vorschlag jedoch nicht, weshalb die Pläne zur Kleingeldabschaffung zunächst wieder verworfen wurden.

Arbeitspapier aus dem Jahr 2020

Anfang 2020 machte ein neues Arbeitspapier der EU-Kommission die Runde. Im Rahmen des neuen Arbeitsprogramms zur Entbürokratisierung soll die Verwendung von 1- und 2-Cent-Münzen evaluiert und die Einführung einer einheitlichen Rundungsregelung diskutiert werden. Der Vorschlag: Beträge sollen auf volle 5 Cent auf- oder abgerundet werden und damit die Verwendung von 1- und 2-Cent-Münzen entbehrlich machen. Dabei sollen Beträge, die auf 1,2,6 oder 7 enden abgerundet und Beträge, die auf 3,4,8 oder 9 enden aufgerundet werden. Damit würden die Kleinstmünzen nicht länger gebraucht werden. Einige EU-Staaten nutzen schon seit längerer Zeit derartige Rundungsregelungen. In den Medien hat bereits allein die Ankündigung für viel Wirbel gesorgt – eine endgültige Entscheidung sieht das Arbeitspapier jedoch noch gar nicht vor.

Gut zu wissen: In den Medien wird die Abschaffung des Kupfergeldes immer wieder mit der vollständigen Abschaffung des Bargelds gleichgesetzt. Das komplette Bargeld ist von den Plänen der EU-Kommission jedoch nicht betroffen.

Ländervergleich: Kleingeldabschaffung

Einige EU-Länder setzen bereits auf die Rundungsregeln und können dadurch auf die kleinsten Cent-Münzen verzichten. Und auch außerhalb der Euro-Zone erfreut sich das Kleingeld nicht überall größter Beliebtheit.

Länder der Euro-Zone

Einige EU-Länder haben die hohen Herstellungskosten und die geringer werdende Akzeptanz in der Bevölkerung zum Anlass genommen, um die 1- und 2-Cent-Münzen abzuschaffen und stattdessen zu runden.

  • Finnland: Als Vorreiter hat Finnland bereits mit der Euro-Einführung im Jahr 2002 eine Rundungsregelung eingeführt, die bei Barzahlungen die Rundung auf die nächsten 5 Cent vorschreibt. Die 1-und 2-Cent-Münzen werden in Finnland nur in sehr geringer Auflage geprägt und sind daher bei Sammlern sehr beliebt, da sie im täglichen Zahlungsverkehr nicht zu finden sind.
  • Niederlande: Im Jahr 2004 schlossen sich auch die Niederlande der Rundungsregelung an.
  • Belgien: 2014 verabschiedete die belgische Regierung ein Gesetz, was die freiwillige Rundung des Endbetrages auf dem Kassenzettel vorsah. Zunächst wurde die Rundungsregel nur zögerlich umgesetzt, seit 2019 ist sie Pflicht.
  • Irland: Der obligatorischen Rundungsregelung schloss sich die irische Regierung im Jahr 2019 an.
  • Italien: Auch die italienische Regierung schloss sich mit ihren Plänen im Jahr 2019 den anderen EU-Vorreitern an.

Gut zu wissen: Von den Rundungsregeln sind nur Barzahlungen betroffen. Wer mit girocard (Debitkarte) oder Kreditkarte zahlt, zahlt weiter „krumme“ Beträge ohne Rundung.

EU-Länder mit anderen Währungen

Auch EU-Staaten, die andere Währungen nutzen, machen von den Möglichkeiten zum Runden Gebrauch. So wird beispielsweise in Dänemark und Ungarn gerundet. Noch weiter gehen die Pläne der Schweden. Dort werden immer mehr Geldautomaten abgebaut. Das kontaktlose Zahlen mit der girocard (Debitkarte) hat sich mittlerweile zum beliebtesten Zahlungsmittel entwickelt. Bis zum Jahr 2030 will Schweden vollständig auf Bargeld verzichten und damit eine bargeldlose Gesellschaft werden.

EU-Länder, die das Kleingeld bereits abgeschafft haben
Quelle: eigene Darstellung
Diese EU-Länder haben das Kleingeld bereits abgeschafft.

Unser Tipp: Wer ins (EU-)Ausland reist, sollte sich vorher mit der Währung und den Reisezahlungsmitteln im Ausland beschäftigen. So vermeidet man später Überraschungen beim Bezahlen.

Vor- und Nachteile Kleingeldabschaffung

Die Abschaffung des Kleingelds und die Einführung einer Rundungsregel wird seit Einführung des Euros kontrovers diskutiert. Wir zeigen, welche Vor- und Nachteile dies hätte.

VorteileNachteile
Senkung der unverhältnismäßig hohen Herstellungskosten für Kleingeld.Kleingeld-Annahmepflicht bleibt für Händler bestehen solange die Kleinmünzen zur offiziellen Währung gehören.
Kleingeld hält auf – gerade Rundungsbeträge sparen Zeit.Ungerade Preise bleiben und steigen durch das Runden.
Nahezu keine Ware mehr, die ausschließlich mit 1-oder 2-Cent-Münzen bezahlt werden kann; oft werden Kleinmünzen nicht akzeptiert.Spendendosen profitieren von Kleinstmünzen als Wechselgeld.
Vorteile der Abschaffung

Als wichtigster Punkt wird von Politik und Gesellschaft der Kostenfaktor angeführt. Denn die Herstellungskosten der 1-und 2-Cent-Münzen übersteigen deutlich deren eigentlichen Wert. Hinzu kommen die Beschaffungskosten für Händler. Denn gerade bei 1-und 2-Cent-Münzen verzeichnet die Bundesbank einen großen Schwund. Verständlich, denn häufig landen die meist unbeliebten Münzen im Sparschwein, in der Kleingelddose oder gehen schlicht verloren. Dadurch müssen immer mehr Münzen hergestellt werden.

Zudem vertreten viele Befürworter die Ansicht, dass Kleingeld nur aufhält und gerade Beträge Zeit sparen. Denn Preise, wie 1,99 oder 0,95 Euro stellen in der Regel nur Lockmittel dar, um Kunden einen niedrigen Preis zu vermitteln. Gerade Summen ersparen uns das lange Suchen nach passendem Kleingeld. Des Weiteren gibt es heute nahezu keine Ware oder Dienstleistung mehr, die ausschließlich mit 1 oder 2 Cent gezahlt werden kann. Im Gegenteil: Immer mehr Automaten akzeptieren beispielsweise keine Beträge unter 5 Cent.

Nachteile der Abschaffung

Solange die 1- und 2-Cent-Münzen noch offiziell existieren und nicht aus dem Euro-Münzsystem genommen werden, besteht im Einzelhandel eine Annahmepflicht für Kleinmünzen. Händler dürfen sich bei der Zahlung mit den kleinen Cent-Beträgen nicht dagegen sperren. Für sie entstehen trotz einer möglichen Einführung der Rundungsregel Kosten für den Umgang mit 1- und 2-Cent-Münzen.

Zudem begegnen viele Kritiker dem Argument der geraden Preise damit, dass auch bei einer Abschaffung des Kupfergeldes die ungeraden Preise bestehen bleiben würden. Denn bei der Zahlung mit girocard (Debitkarte) oder Kreditkarte ändert sich nichts an den Preisen. Vielmehr wird der Kleingeldverzicht durch das Auf- oder Abrunden des (End-)Preises kompensiert.

Ein weitere Nachteil: Kleinere Spendenbeträge fallen weg. Denn oft stehen an der Supermarktkasse oder beim Bäcker Spendendosen. Das Wechselgeld wandert häufig statt ins Portemonnaie in die Spendenbehältnisse. Auch wenn viele Bürger nur Kleinstbeträge spenden, sind diese für die Vereine und Organisationen wichtig.

Pilotprojekte: 1- und 2-Cent-Münzen in Deutschland abschaffen?

Die Stadt Kleve in Nordrhein-Westfalen erlangte 2016 große Aufmerksamkeit in den Medien. Denn sie startete ein Pilotprojekt, bei dem Kunden freiwillig die Beträge auf 5 Cent auf- oder abrunden durften. Auf Dauer hat sich das Projekt, das ursprünglich wegen der Nähe zu den Niederlanden gestartet wurde, allerdings nicht durchgesetzt. Immer mehr Einzelhändler gingen wieder zur gängigen Praxis über und auch Nachahmer blieben in Deutschland aus.

Ein ganz anderes Beispiel kommt aus dem Norden Deutschlands – aus Wangerooge. Denn die einzige Bank der Insel wird seit November 2019 nicht weiter mit Kupfergeld beliefert. Der Grund: Der aufwendige Transport zur Insel ist für die kleinen Cent-Beträge zu kostspielig geworden. Die Preise sollen deshalb entweder auf- oder abgerundet oder gleich bargeldlos gezahlt werden. Die Einzelhändler wollen diese Regelung jedoch nicht hinnehmen und tauschen deshalb das vorhandene Kupfergeld untereinander aus.

Fazit

Seit Einführung des Euros stand die Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen immer wieder zur Debatte und auch die Corona-Pandemie im Jahr 2020 hat die bargeldlose Zahlung und das Mobile Payment vorangetrieben. Doch bislang wurde die Entscheidung zur europaweiten Abschaffung des Euro-Kleingelds immer wieder verworfen. Ein neues Arbeitspapier der EU-Kommission könnte jetzt eine einheitliche Regelung schaffen, die ein Auf- oder Abrunden auf 5-Cent-Beträge vorsieht. Doch bisher sind die Pläne noch nicht konkret, sodass einzelne EU-Länder mit ihren Regelungen zur Rundung bislang die Vorreiter bleiben.

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