Gesetzliche Erbfolge – ein Vater angelt mit seinem kleinen Sohn.
Gesetzliche Erbfolge – ein Vater angelt mit seinem kleinen Sohn.
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Gesetzliche Erbfolge – wer erbt, wenn kein Testament vorliegt?

Key Takeaways
  • Die gesetzliche Erbfolge regelt die Aufteilung des Erbes, wenn kein Testament vorliegt.
  • Die Erbreihenfolge richtet sich nach dem Grad der Verwandtschaft.
  • Der hinterbliebene Ehegatte ist neben den Verwandten ebenfalls erbberechtigt.
  • Die Erbquote des Ehegatten hängt von Erbordnung, Güterstand und Anzahl der Kinder ab.

Definition: Was ist die gesetzliche Erbfolge und wie funktioniert sie?

Grundsätzlich kann in Deutschland jeder seinen Nachlass selbst regeln – also bestimmen, wie das Erbe aufgeteilt werden soll. Dazu muss jedoch ein Testament oder ein Erbvertrag aufgesetzt werden. Ohne gültiges Testament oder Erbvertrag gilt in Deutschland die gesetzliche Erbfolge. Die gesetzliche Erbfolge ist in Deutschland ein Ordnungssystem, das regelt, wer wie viel erbt, wenn kein Testament vorliegt. Die gesetzliche Erbfolge ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 1924 ff. BGB festgelegt.

Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn:

  • kein Testament oder Erbvertrag vorliegt.
  • das Testament ungültig ist oder erfolgreich angefochten wird.
  • die testamentarisch eingesetzten Erben das Erbe ausschlagen.

Damit ein Erbvertrag wirksam ist, muss er notariell beurkundet werden. Ein Testament dagegen muss nicht zwingend notariell beglaubigt werden, um rechtsgültig zu sein. Allerdings gelten dann bestimmte formale Anforderungen: So muss das Testament handschriftlich und eigenhändig verfasst, unterschrieben und mit Ort und Datum versehen werden.

Erben ohne Testament: Wie ist die gesetzliche Erbfolge ohne Testament?

Wer erbberechtigt ist, wenn kein Testament vorliegt, hängt vom Verwandtschaftsgrad ab. Das deutsche Erbrecht teilt die Verwandten des Erblassers in eine bestimmte Erbordnung ein. Diese legt fest, in welcher Reihenfolge die Verwandten des Erblassers bedacht werden. Dabei kommen zunächst die Erben 1. Ordnung an die Reihe. Das sind die Abkömmlinge des Erblassers, also die Kinder, Enkelkinder oder Urenkel des Erblassers.

Der hinterbliebene Ehegatte nimmt neben den Verwandten der 1. Ordnung eine Sonderrolle ein. Denn gemäß § 1931 BGB steht dem Ehegatten je nach Güterstand mindestens ein ¼ des Erbes zu. Der verbleibende Erbteil wird auf die erbberechtigten Verwandten aufgeteilt.

Wie ist die gesetzliche Erbfolge, wenn der Erblasser kinderlos ist?

Wenn der Erblasser kinderlos ist – also keine Erben 1. Ordnung hinterlässt –, kommen die Erben 2. Ordnung zum Zug. In der gesetzlichen Erbfolge sind die Erben 2. Ordnung die Eltern, Geschwister, Nichten oder Neffen des Erblassers. Gibt es auch keine Erben 2. Ordnung, werden die Erben 3. Ordnung bedacht: die Großeltern oder Onkel und Tanten des Verstorbenen.

War der Erblasser verheiratet, fällt dem hinterbliebenen Ehegatten neben den Verwandten der 2. Ordnung die Hälfte des Erbes zu.

In der gesetzlichen Erbfolge gilt: Wenn es Verwandte einer näheren Erbordnung gibt, gehen untergeordnete Verwandte leer aus. Hat der Erblasser Kinder, werden diese als Erben 1. Ordnung zuerst bedacht. Die Eltern oder Geschwister des Verstorbenen haben dann keinen Anspruch auf das Erbe. Als Erben 2. Ordnung kommen Geschwister erbrechtlich nur zum Zuge, wenn es keine Erben 1. Ordnung gibt.

Was sind die verschiedenen Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge?

ErbordnungVerwandtschaftsgrad
EhegatteDer Ehegatte ist nicht Teil der Erbordnungen, hat jedoch ein gesetzliches Sondererbrecht.
1. Ordnung:Abkömmlinge des Erblassers, d.h. Kinder, Adoptivkinder, Enkelkinder, Urenkelkinder
2. Ordnung:Eltern, Geschwister, Nichten, Neffen
3. Ordnung:Großeltern, Tanten und Onkel

Was erben Geschwister, wenn kein Testament vorliegt?

Als Erben 2. Ordnung kommen die Geschwister des Erblassers erbrechtlich nur zum Zuge, wenn keine Erben 1. Ordnung vorhanden sind. Die wichtigste Voraussetzung ist also, dass der Verstorbene keine Kinder hatte und nicht verheiratet war. Außerdem müssen auch die Eltern der verstorbenen Person bereits verstorben sein, denn diese werden innerhalb der 2. Erbordnung bevorzugt bedacht. Wenn kein Testament vorliegt, erben Geschwister zu gleichen Teilen.

Das Repräsentationsprinzip besagt, dass innerhalb einer Erbordnung stets derjenige erbt, der näher mit dem Erblasser verwandt ist. Das heißt: In der 1. Ordnung erben die Kinder vor den Enkelkindern, in der 2. Ordnung die Eltern vor den Geschwistern und diese wiederum vor den Nichten und Neffen. In der 3. Ordnung erben die Großeltern vor den Tanten und Onkeln.

Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt wieviel?

Wie das Erbe aufgeteilt wird, hängt von verschiedenen Umständen ab, die sich im Einzelfall kompliziert gestalten können. Es gibt jedoch einige Regeln, die für die Bestimmung der Erbquote herangezogen werden.

Gesetzliche Erbfolge: Wie viel erbt der Ehegatte ohne Testament?

Die genaue Erbquote des Ehegatten hängt von der Erbordnung der hinterbliebenen Verwandten ab. Neben Verwandten der 1. Ordnung fällt dem Ehegatten mindestens ¼ des Erbes zu. Je nach ehelichem Güterstand und Anzahl eventuell vorhandener Kinder kann die Erbquote des Ehegatten auch höher ausfallen.

Was sind Zugewinngemeinschaft und Zugewinnausgleich?

Wenn dein Partner und du bei der Heirat keinen Ehevertrag schließen, lebt ihr automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft – die Zugewinngemeinschaft ist quasi der gesetzliche Standard. Bei der Zugewinngemeinschaft behält jeder das Vermögen, das er in die Ehe einbringt. Als gemeinschaftliches Vermögen gilt nur das, was beide Ehepartner während der Ehe gemeinsam erwerben.

In der Zugewinngemeinschaft hat der hinterbliebene Ehepartner Anspruch auf einen Zugewinnausgleich zusätzlich zum gesetzlichen Erbteil. Dieser beträgt pauschal ¼ des vererbten Vermögens. Dadurch erhöht sich der gesetzliche Erbteil des hinterbliebenen Ehepartners in der Zugewinngemeinschaft auf die Hälfte des Erbes. Wenn der Erblasser Kinder bzw. Enkelkinder hinterlässt, teilen sich die Abkömmlinge die übrige Hälfte zu gleichen Teilen.

Wenn der Erblasser keine Kinder hinterlässt, sondern nur Verwandte 2. Ordnung (Eltern, Geschwister, Nichten, Neffen) oder Großeltern (3. Ordnung), stehen dem Ehepartner ¾ des Erbes zu.

Gesetzliche Erbfolge: Wie wirkt sich die Gütertrennung auf die Erbquote aus?

Die Gütertrennung ist die häufigste Alternative zum Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie wird per Ehevertrag vereinbart und führt dazu, dass das Vermögen beider Ehepartner vollständig getrennt wird. Im Todesfall gibt es bei der Gütertrennung keinen Zugewinnausgleich. Wie hoch der Erbteil des Ehepartners ausfällt, hängt von der Anzahl der Kinder ab.

Hinterlässt der Erblasser ein Kind, erbt der Ehepartner die Hälfte des Nachlasses. Bei 2 Kindern wird das Erbe zu je 1/3 auf die Kinder und den Ehepartner aufgeteilt. Bei 3 Kindern reduziert sich der Erbteil des Ehepartners auf ¼. Wenn der Erblasser nur Verwandte 2. Ordnung – also Eltern, Geschwister, Nichten bzw. Neffen – oder Großeltern (Erben 3. Ordnung) hinterlässt, erbt der Ehepartner die Hälfte.

Gesetzliche Erbfolge: Wie wirkt sich die Gütergemeinschaft auf die Erbquote aus?

Dein Partner und du können per Ehevertrag auch eine Gütergemeinschaft vereinbaren. Dann wird das Vermögen beider Partner durch die Heirat zu gemeinschaftlichem Vermögen. Beiden Partnern gehört also schon in der Ehe jeweils die Hälfte des Vermögens. Wenn der Erblasser Verwandte der 1. Ordnung hinterlässt, erbt der hinterbliebene Ehepartner ¼ des Erbes – der Rest wird auf die hinterbliebenen Abkömmlinge verteilt.

Ob Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder Gütergemeinschaft – wenn es keine Erben der 1. und 2. Ordnung und keine Großeltern gibt, wird der hinterbliebene Ehepartner unabhängig vom ehelichen Güterstand zum Alleinerben.

Gesetzlicher Erbteil der Ehegatten nach Güterstand und Anzahl Kinder

 1 Kind2 Kinder3 oder mehr Kinder
Zugewinngemeinschaft¼ + ¼ = ½¼ + ¼ = ½¼ + ¼ = ½
Gütertrennung½1/3¼
Gütergemeinschaft¼¼¼

Wie ist die Erbfolge mit Testament?

Anders als bei der gesetzlichen Erbfolge ohne Testament kannst du die Erbfolge mit einem Testament frei wählen. Ein gültiges Testament setzt die gesetzliche Erbfolge nämlich außer Kraft, sodass Verwandte auch enterbt werden können. Erben 1. Ordnung und Ehepartner sind jedoch pflichtteilsberechtigt. Das heißt: Sie können trotz der im Testament festgelegten Erbfolge einen bestimmten Pflichtteil am Nachlass durchsetzen.

Was ist das Berliner Testament und wie wirkt es sich auf die Erbfolge aus?

Mit einem Berliner Testament setzen Ehepartner im Todesfall den hinterbliebenen Ehepartner als Alleinerben ein: Beide Partner benennen sich also gegenseitig als Alleinerben. Das Berliner Testament dient also in erster Linie dazu, die gesetzliche Erbfolge zu umgehen und die Abkömmlinge des Verstorbenen – also die Erben 1. Ordnung – aus der Erbfolge auszuschließen. Erst wenn der hinterbliebene Ehepartner ebenfalls verstirbt, erben die Kinder. Die Kinder werden dann in der Regel als Schlusserben eingesetzt.

Was ist der Pflichtteil und wie groß ist er?

Der Pflichtteil ist der Anteil an einem Nachlass, den du als pflichtteilsberechtigter Angehöriger geltend machen kannst, wenn du enterbt wurdest – z. B., weil die gesetzliche Erbfolge durch ein Testament aufgehoben wurde. Pflichtteilsberechtigt sind grundsätzlich Erben 1. Ordnung – also Abkömmlinge und der hinterbliebene Ehepartner – oder die Eltern des Erblassers, wenn dieser kinderlos war.

Wie hoch der Pflichtteil ist, regelt die gesetzliche Erbfolge. Der Pflichtteilsanspruch beläuft sich stets auf die Hälfe des gesetzlichen Erbteils, den der Pflichtteilsberechtigte bekommen würde, wenn er nicht enterbt worden wäre. Bei der Feststellung des Erbteils, nach dem sich die Höhe des Pflichtteils berechnet, müssen alle Angehörigen berücksichtigt werden – auch diejenigen, die enterbt wurden.

Übrigens: Niemand ist verpflichtet ein Erbe anzutreten. Da sowohl Vermögen als auch Schulden des Verstorbenen vererbt werden können, ist es dir freigestellt, ob du ein Erbe antreten oder ablehnen möchtest.

Fazit: Gesetzliche Erbfolge – ohne Testament regelt das Gesetz die Erbreihenfolge

Wer wie viel erbt, regelt in Deutschland die gesetzliche Erbfolge. Das deutsche Erbrecht teilt die Verwandten des Verstorbenen in verschiedene Ordnungen ein. Dabei gilt: Wenn erbrechtlich übergeordnete Erben vorhanden sind, gehen Verwandte nachrangiger Erbordnungen leer aus. Hinterlässt der Erblasser beispielsweise Kinder (1. Ordnung), werden Eltern oder Geschwister (2. Ordnung) erbrechtlich nicht bedacht.

Die gesetzliche Erbfolge greift jedoch nur, wenn kein gültiges Testament oder kein Erbvertrag vorliegt. Mit einem Testament kannst du grundsätzlich selbst entscheiden und regeln, wer welchen Teil des Nachlasses bekommen soll. Beachte jedoch, dass es in Deutschland Pflichtteile gibt. Das bedeutet, dass pflichtteilsberechtigte Verwandte – z. B. Kinder und der hinterbliebene Ehegatte – immer Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils haben.

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comdirect Redaktion
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