ETF’s – für Exchange Traded Funds – zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen Index wie den MSCI World Index, den DAX, den Dow Jones oder den EURO STOXX nachbilden. Deshalb spricht man oft auch von Indexfonds. Das Ziel dabei: die Wertentwicklung des ETF soll die jeweilige Indexentwicklung möglichst 1:1 nachvollziehen. Was logisch klingt, funktioniert in der Praxis nicht immer hundertprozentig. Hier kommt die Tracking Difference ins Spiel. Was diese Kennzahl bedeutet und welche Rolle sie bei Anlage-Entscheidungen spielt – mehr dazu erfahren Sie hier.
Was ist die Tracking Difference – und was der Tracking Error?
Der Begriff „Tracking Difference“ lässt sich deutsch mit Nachbildungsabweichung übersetzen. Die Kennzahl gibt an, in welchem Ausmaß die Wertentwicklung eines ETF in einer Betrachtungsperiode vom jeweiligen Referenzindex abweicht. Dies ist bei ETF’s besonders wichtig, denn diese wollen ja erklärtermaßen einen Index möglichst exakt nachbilden. Die Tracking Difference zeigt, ob und in welchem Umfang der ETF dieses Ziel erreicht, sogar übererfüllt oder unter seiner Zielmarke bleibt.
Neben der Tracking Difference findet man häufig den Begriff Tracking Error. Manchmal wird er synonym für Tracking Difference verwandt, manchmal bezieht er sich auf die gemessene Standardabweichung. Die Tracking Difference gibt dann die (durchschnittliche) Abweichung der Wertentwicklung von Fonds und Index an, der Tracking Error bezeichnet deren Schwankung im Zeitablauf. Das ist ein feiner Unterschied.
Wie wird die Tracking Difference berechnet?
Man muss kein versierter Mathematiker für die Berechnung der Tracking Difference sein. Die einfache Formel lautet:
Tracking Difference = Wertentwicklung Referenzindex – Wertentwicklung ETF
Beispiel: Auf Jahresbasis ist die Rendite der Maßstab, um die Wertentwicklung bei Fonds zu berechnen. Erzielt ein ETF eine jahresbezogene Rendite von 7,5 %, der betreffende Referenzindex eine Wertentwicklung von 8 %, liegt die Tracking Difference bei 0,5 %. Entwickelt sich der ETF exakt wie der Referenzindex, beträgt die Tracking Difference 0.
Gut zu wissen: Manchmal wird bei der Berechnung auch die Reihenfolge umgekehrt: Tracking Difference = Wertentwicklung ETF – Wertentwicklung Referenzindex. Das ist dann mit einem Vorzeichenwechsel verbunden. Es empfiehlt sich bei Kennzahlen-Angaben immer die zugrunde liegende Definition zu prüfen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Wie lässt sich die Tracking Difference erklären?
Wieso kann es überhaupt zu Performance-Abweichungen kommen, wenn das ETF Portfolio ein Spiegelbild des jeweiligen Referenzindexes ist? Müsste man nicht immer eine Tracking Difference von 0 erwarten?
Die Antwort lautet: ja – in einer Welt ohne Transaktionskosten, ohne Gebühren, bei jederzeitiger sofortiger Wiederanlage aller Rückflüsse und unmittelbarem Nachvollzug von Index-Anpassungen. Die Realität sieht etwas anders aus. Ein wichtiger Verursacher der Tracking Difference sind die ETF-Gebühren. Auch wenn ETF’s sehr günstig sind – die jährliche Verwaltungsgebühr belastet die ETF-Performance im Vergleich zur Index-Performance.
Daneben können weitere Einflussfaktoren die Nachbildungsgenauigkeit beeinflussen:
- Transaktionskosten: Notwendige Portfolio-Umschichtungen wegen Veränderungen im Index verursachen zusätzliche Transaktionskosten.
- Dividenden: Können wegen Zeitverzögerungen bei der Wiederanlage Abweichungen bewirken, manchmal auch wegen anderer steuerlicher Berücksichtigung im Index als im Fondsvermögen.
- Liquidität: Bei Vorhaltung von Liquidität erwirtschaftet das liquide Vermögen keine oder nur sehr geringe Erträge, es fallen aber auch keine Verluste an.
- Replikation: Die Technik und die Güte der Index-Nachbildung kann ebenfalls zu Abweichungen führen. Beim MSCI World Index müssten zum Beispiel über 1.600 verschiedene Titel im Fonds-Portfolio enthalten sein. Manchmal greift man hier zu „Vereinfachungen“.
- Wertpapierleihe: Mit der Verleihung von Wertpapieren aus dem Fondsvermögen lassen sich zusätzliche Erträge erzielen. Wertpapierleihe verbessert die ETF-Rendite im Vergleich zur Indexentwicklung.
Welche Aussagekraft besitzt die Tracking Difference?
Die Tracking Difference ist nicht statisch auch wenn die ETF-Gebühren als Haupteinflussfaktor in der Regel eine starke Konstante darstellen. Aber anderen Faktoren, die ebenfalls relevant sind, verändern sich im Zeitablauf. Transaktionskosten hängen von der Häufigkeit und dem Umfang von Umschichtungen ab, Dividenden variieren, die Konditionen für Wertpapierleihe sind Markteinflüssen ausgesetzt usw. Die Veränderlichkeit der Tracking Difference wird – wie eingangs bereits erwähnt –über den Tracking Error gemessen.
Grundsätzlich handelt es sich bei der Tracking Difference immer um eine sogenannte ex-post-Betrachtung. Das heißt: die Abweichung kann stets nur im Nachhinein festgestellt werden. Daraus lässt sich zwar eine Abschätzung für die Zukunft ableiten, die ist aber mit Unsicherheit behaftet. Sie ist umso größer je stärker variable Faktoren die Tracking Difference beeinflussen.
Positive/negative Tracking Difference – was bedeutet das?
Gehen wir von der Definition aus: Tracking Difference = Wertentwicklung Referenzindex – Wertentwicklung ETF, dann bedeutet ein Wert mit positivem Vorzeichen stets, dass die Wertentwicklung des ETF um den betreffenden Prozentsatz unter der Indexentwicklung geblieben ist. Je höher der Betrag, umso größer die Abweichung. Ein negatives Vorzeichen zeigt an, der ETF hat sich besser entwickelt als sein Referenzindex.
Das kommt durchaus vor und ist möglich, wenn die Erträge außerhalb der reinen Index-Nachbildung die anfallenden Kosten überkompensieren. Ein anderer Grund kann in Abweichungen bei der Index-Nachbildung liegen, die dazu führen, dass der Indexfonds seinen Referenzindex „schlägt“.
Diese Aussagen gelten auch, wenn die Tracking Difference „umgekehrt“ definiert wird, dann wiederum mit entsprechend umgekehrten Vorzeichen.
ETF-Konstruktion und Tracking Difference
Die Art der ETF-Konstruktion kann sich ebenfalls bei der Tracking Difference auswirken. In der Regel ist die Index-Nachbildung bei synthetisch replizierten ETF’s besonders genau. Die Tracking Difference ist dann weitgehend kostenbedingt und relativ stabil.
Bei physisch replizierten ETF’s kann es dagegen zu mehr Abweichungen kommen. Diese sind bei ausschüttenden Fonds tendenziell größer als bei thesaurierenden. Der Grund: bei ausschüttenden Fonds müssen in größerem Umfang Beträge für Ausschüttungszwecke als Liquidität vorgehalten werden.
Quasi automatisch mit eingebaut ist die Tracking Difference beim Sampling von Indexfonds. Sampling ist eine Variante der physischen Replikation. Dabei wird ein Index nicht 1:1 nachgebildet, sondern man beschränkt sich – meist aus Kostengründen – auf eine repräsentative Auswahl. Das erhöht natürlich die Wahrscheinlichkeit von Abweichungen – nach oben oder unten.
Tracking Difference oder TER – wonach entscheiden?
Man kann bei einem ETF die Tracking Difference auch als Kostenindikator interpretieren. Hier steht Fondsanlegern eigentlich eine andere Kennzahl zur Verfügung, die sogenannte Total Expense Ratio (TER) oder Gesamtkostenquote.
Die TER gibt alle im Rahmen der Fondsverwaltung anfallenden Kosten ohne Transaktionskosten und Provisionen für Wertentwicklung als Prozentsatz p.a. an. Sie wird manchmal als Auswahlkriterium bei Indexfonds herangezogen. Die Gesamtkostenquote ist allerdings unvollständig, weil die Transaktionskosten und Provisionen außen vor bleiben. Anders als bei der Tracking Difference finden auch Erträge keine Berücksichtigung. Die TER ist eine reine Kostengröße und betrachtet die Kosten auf Ebene des Fonds.
Im Unterschied dazu zeigt die Tracking Difference, was der ETF den Anleger effektiv kostet – dabei fließen alle anfallenden Kosten und Erträge quasi automatisch mit ein. Es ist eine Betrachtung „unter dem Strich“ – der Preis, den der Anleger für die Index-Nachbildung bei dem betreffenden ETF bezahlen muss. Es versteht sich von selbst, dass die Tracking Difference im Vergleich zur Gesamtkostenquote die aussagekräftigere Größe ist. Angenommen seien beispielhaft folgende zur Auswahl stehende „gleichartige“ ETF’s unterschiedlicher Anbieter. Gleichartig heißt, die ETF’s beziehen sich in gleicher Weise auf den gleichen Index.
TER | Tracking Difference | |
---|---|---|
ETF 1 | 0,20 % | 0,30 % |
ETF 2 | 0,50 % | 0,10 % |
ETF 3 | 0,30 % | 0,20 % |
Dann wäre der ETF 2 trotz der höheren TER die vorzuziehende Wahl, da er die geringste Tracking Difference aufweist.
ETF und Tracking Difference in der Praxis – ein konkretes Beispiel
Wir schauen uns die Tracking Difference an einem konkreten ETF-Beispiel an – dem ComStage MSCI World UCITS ETF [WKN ETF110, ISIN LU0392494562]. Der Fonds weist laut Anleger-Information eine TER bzw. laufende Kosten in Höhe von 0,2 % p.a. aus und hatte in den vergangenen Jahren folgende Wertentwicklung.¹
Wertentwicklung (in % p.a.) | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
ETF | 11,0 | -5-5 | 14,6 | 27,3 | 5,8 | -0,6 | 6,7 | 22,3 | -9,2 | 28,5 |
Dow Jones Industrial Average | 11,2 | -5,3 | 14,8 | 27,4 | 5,9 | -0,7 | 6,6 | 22,4 | -9,4 | 28,3 |
Im Beispiel entsprach die Tracking Difference 2010 bis 2012 genau der Gesamtkostenquote von 0,2 %. In den übrigen Jahren lag sie stets niedriger – 2013, 2014 und 2017 bei 0,1 %. In den übrigen Jahren wurde die Indexentwicklung sogar übertroffen. Die Tracking Difference war negativ. Das heißt: die Kosten konnten mehr als kompensiert werden.
Weitere Informationen zum Thema ETF-Anlagen
Die Tracking Difference bei ETF’s ist nur eine wichtige Anlegerinformation. Daneben gibt es etliche weitere Kennzahlen und Größen, die ebenfalls zu beachten sind. Sie haben weitere Fragen zu Geldanlagen bei comdirect, in Bezug auf Fonds-Investments, zu ETF-Anlagen oder möchten sich näher über die bei comdirect erhältlichen ETF’s unterschiedlicher Anbieter informieren? Auf dieser Seite finden Sie viele weitere Informationen.
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¹ Hinweis: Aktien und ETF-Indexfonds unterliegen Kursschwankungen; damit sind Kursverluste möglich. Bei Wertpapieren, die nicht in Euro notieren, sind zudem Währungsverluste möglich. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Die Auswahl der Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente dient ausschließlich Informationszwecken und stellt kein Angebot, keine Aufforderung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich Ihre selbstständige Anlageentscheidung erleichtern und ersetzt keine anleger- und anlagegerechte Beratung. Allein verbindliche Grundlage des Kaufs bei Fonds sind die derzeit gültigen Verkaufsunterlagen des Fonds („Wesentliche Anlegerinformationen“, Verkaufsprospekt sowie Jahres- und Halbjahresberichte, soweit veröffentlicht). Diese Unterlagen erhalten Sie auf der Fonds-Detailseite unter www.comdirect.de oder direkt beim Emittenten. Die hier dargestellten Informationen und Wertungen genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit einer Anlageempfehlung oder Anlagestrategieempfehlung. Darüber hinaus unterliegen die dargestellten Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente keinem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung von Anlage- oder Anlagestrategieempfehlungen.