Eine lachende Frau steht mit Regenschirm in strömendem Regen.
Eine lachende Frau steht mit Regenschirm in strömendem Regen.
© YakobchukOlena via Getty Images/iStockphoto

Was ist Helikoptergeld?: Informationen zur expansiven Geldpolitik

Seit 2003 versucht die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer expansiven Geldpolitik, das Inflationsziel von unter, aber nahe 2 % zu erreichen. Dadurch sollen die Preise stabil gehalten und die Wirtschaft angekurbelt werden. Trotz Nullzinspolitik und weiteren geldpolitischen Maßnahmen wird das Inflationsziel in der Eurozone jedoch noch immer verfehlt. Nicht erst seit der Corona-Pandemie und ihren Folgen für die Wirtschaft ist immer wieder ein weiterer Schritt im Gespräch: das sogenannte Helikoptergeld. Aber ist dieser Geldregen auch wirklich ein Geldsegen? In diesem Artikel erklären wir Ihnen, was man unter Helikoptergeld versteht, wie Helikoptergeld funktioniert und wer davon profitiert. Gleichzeitig befassen wir uns mit den Vor- und Nachteilen des Helikoptergeldes. 

Was versteht man unter Helikoptergeld?

Helikoptergeld bedeutet, dass jeder Bürger unabhängig von Alter und Einkommen einmalig die gleiche Geldsumme geschenkt bekommt. Dieses Geld wird frisch von der Notenbank gedruckt und direkt von ihr ausgezahlt. Das Helikoptergeld ist also eine geldpolitische Maßnahme, um die Geldmenge, die sich im Umlauf befindet, zu erhöhen und dadurch konjunkturelle Impulse zu setzen.

Woher stammt der Begriff Helikoptergeld?

Sowohl die Idee als auch der Begriff gehen auf ein Gedankenexperiment des US-Wirtschaftswissenschaftlers Milton Friedman zurück. Dieser stellte sich 1969 vor, was passieren würde, wenn eine Notenbank ihr frisch gedrucktes Geld einmalig in einen Hubschrauber laden und über einer Stadt abwerfen würde. Mit seinem modellhaften Beispiel wollte Friedman damals zeigen, dass eine Zentralbank durch Steuerung der Geldmenge Einfluss auf die Inflation nehmen kann.

Wie funktioniert Helikoptergeld?

Beim Helikoptergeld druckt die Zentralbank frisches Geld und gibt dieses direkt an die Bürger aus. Diese sollen das geschenkte Geld im Idealfall gleich wieder ausgeben. So wird im Idealfall der Konsum angekurbelt und das Geld direkt in die Realwirtschaft gepumpt werden. Die steigende Nachfrage hätte dann zur Folge, dass die Preise anziehen und die Inflation wie gewünscht steigt. Das Ergebnis: Die Wirtschaft wächst.

Darstellung einzelner Schritte vom Helikoptergeld zum Wirtschaftswachstum
Wie funktioniert Helikoptergeld?

Wer bekommt Helikoptergeld?

Helikoptergeld wird an jede Bürgerin und jeden Bürger unabhängig von Alter und Einkommen überwiesen bzw. ausgezahlt.

Erhalten auch Kinder Helikoptergeld?

Prinzipiell sieht das Konzept des Helikoptergeldes vor, dass alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrem Alter einmalig eine bestimmte Geldsumme geschenkt bekommen – also sowohl Erwachsene als auch Kinder. Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern, hat die US-Regierung 2020 beschlossen, jedem US-Bürger Geld zu schenken – 1.000 Dollar für jeden Erwachsenen und 500 Dollar für jedes Kind. Streng genommen handelt es sich bei den US-amerikanischen Geldgeschenken allerdings nicht um Helikoptergeld, da die Schecks aus dem Staatshaushalt finanziert werden und nicht eigens die Notenpresse dafür angeschmissen wird. Eine ähnliche Maßnahme hat auch die deutsche Bundesregierung im Jahr 2020 beschlossen: Mit dem „Kinderbonus“ bekommt jede kindergeldberechtigte Familie 300 Euro pro Kind geschenkt. Auch bei der Finanzspritze für deutsche Familien handelt es sich nicht um Helikoptergeld im eigentlichen Sinne. Die Maßnahme verfolgt aber dasselbe Ziel – nämlich die Kaufkraft von Familien zu stärken und dadurch die Konjunktur zu beleben.

Wie kommt das Helikoptergeld zu den Bürgern?

Im Wesentlichen gibt es zwei Möglichkeiten, wie das Geld zu den Bürgerinnen und Bürgern gelangen könnte. Die erste Option ist eine Direktzahlung per Scheck oder Überweisung aufs Girokonto durch die Finanzämter. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen kauft, um darüber Steuergutschriften oder -senkungen zu finanzieren. Davon würden dann nicht nur die Bürger, sondern auch Unternehmen profitieren. In einem dritten Modell kommt das Helikoptergeld nicht unmittelbar den Menschen zugute, sondern dem Staat, der dadurch notwendige Investitionen – etwa in die Infrastruktur – tätigen und so die Wirtschaft ankurbeln könnte.

Darstellung einzelner Schritte der EZB, um Wirtschaftswachstum zu fördern.
Wie Helikoptergeld von der EZB eingesetzt werden kann.

Was sind die Chancen und Risiken von Helikoptergeld?

Befürworter des Helikoptergeldes führen an, dass eine solche Maßnahme unter bestimmten Bedingungen die Kaufkraft stärken und die Inflation ankurbeln bzw. die Deflation bekämpfen kann. Unter Ökonomen ist das Konzept jedoch umstritten. Denn um ihr Ziel zu erreichen, müsste die Maßnahme zunächst lange genug wirken, wie ein früheres Beispiel aus den USA zeigt: Dort hatten die US-Bürger unter Präsident Bush schon einmal einen Scheck geschenkt bekommen. Ein Jahr später wurde der Effekt durch eine Anhebung der Steuer jedoch wieder aufgehoben. Überhaupt wirkt Helikoptergeld nur dann, wenn die Bürger das geschenkte Geld auch tatsächlich ausgeben – und es nicht auf die hohe Kante legen, anlegen oder dafür nutzen, Schulden zu tilgen.

Unter Experten in Deutschland ist Helikoptergeld umstritten

Allgemein ist das Helikoptergeld unter Ökonomen umstritten. So kritisieren manche, ein solches Geldgeschenk würde die Illusion nähren, dass die Notenbank wirtschaftliche Probleme lösen könnte, indem sie einfach frisches Geld für die Bürger druckt. Andere sehen die Gefahr einer Blase, da dem neu geschaffenen Geld kein Gegenwert gegenübersteht. Auch das Vertrauen in die Wirtschaft und die Glaubwürdigkeit der EZB stünden auf dem Spiel, wenn der Eindruck entsteht, dass die bisherigen geldpolitischen Maßnahmen keine Wirkung zeigen. Den Kritikern des Helikoptergeldes geht es im Kern darum, dass es der EZB verboten ist, Fiskalpolitik zu betreiben, also Maßnahmen zur Staatsfinanzierung zu ergreifen. Mit dem Helikoptergeld könne die EZB nach Ansicht der Kritiker ihr Mandat überschreiten. Die Hauptsorge dabei ist, dass die Inflation durch eine deutliche Ausweitung der Geldmenge außer Kontrolle geraten und zur Hyperinflation werden könnte.

Was ist eine Hyperinflation?

Als Hyperinflation bezeichnet man eine extreme schnelle, unkontrollierbare Geldentwertung, bei der das Preisniveau mindestens um 50 % pro Monat ansteigt. In der Regel geht einer Hyperinflation ein außergewöhnliches Ereignis voraus – etwa ein Krieg oder eine tiefgreifende gesellschaftliche Erschütterung. In einer solchen Zeit werfen Staaten häufig die Notenpresse an, um frisches Geld zu drucken und ihre Schulden begleichen zu können. In Deutschland kam es schon einmal zu einer Hyperinflation, als das Deutsche Reich 1923 nach verlorenem Ersten Weltkrieg vor gigantischen Reparationskosten stand.

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